Urteil gegen Spekulanten Flöttl ganz aufgehoben

BAWAG: Elsner bleibt in Haft

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat der Nichtigkeitsbeschwerde des ehemaligen BAWAG-Generaldirektors Helmut Elsner gegen seine erstinstanzliche Verurteilung teilweise stattgegeben. Elsner ist jetzt zur Höchststrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Das Urteil gegen den Spekulanten Wolfgang Flöttl wurde zur Gänze aufgehoben.

Elsner bekommt Höchststrafe

Helmut Elsner ist mit der heutigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu einer insgesamt zehnjährigen Freiheitsstrafe und der damit gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe für die ihm vorgeworfene Untreue verurteilt worden. Neben der vom OGH verhängten siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe für die verbliebenen, von der Aufhebung des Ersturteils nicht betroffenen Untreue-Fakten hat Elsner auch die seit längerem rechtskräftigen zweieinhalb Jahre aus der "Plastiksackerl"-Affäre - er hatte dem ehemaligen Konsum-Generaldirektor Hermann Gerharter in einem ungewöhnlichen Behältnis 560.000 Euro überlassen - zu verbüßen.

Mittagsjournal, 23.12.2010

Das OGH-Urteil,

Elsner-Anwälte: Anträge auf Enthaftung

Die Anwälte von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, der heute vom Obersten Gerichtshof (OGH) zu insgesamt zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, haben nach der Urteilsverkündung Anträge zur Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Enthaftung wegen Haftunfähigkeit ihres 75-jährigen Mandanten angekündigt. Beide Anträge würden aber nicht mehr heuer eingebracht, sagten sie den Journalisten. Elsner-Anwalt Andreas Stranzinger verglich die Lage mit dem Betrugsskandal um den in den USA verurteilten Bernard Madoff: "Das heutige Ergebnis ist so zu werten, als wäre Madoff auf freiem Fuß und die Investoren in Haft."

OGH-Urteil: Keine Bereicherung

Die Anwälte wollen nun einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen, kündigte Elsner-Anwalt Jürgen Stephan Mertens an. Er zeigte sich empört, dass obwohl bei Elsner keine Bereicherung stattgefunden habe - das Urteil wegen Betrugs wurde heute aufgehoben - offenbar alleine für den Verlust die Höchststrafe wegen Untreue verhängt werde. Das sei ein "Signal an alle österreichischen Generaldirektoren", dass sie nun alleine für Verluste eingesperrt werden könnten, egal ob sie sich selber bereicherten oder nicht, meinte Mertens ironisch.

Bisher keine Haftentlassung wegen Fluchtgefahr

Nun werde man Haftunfähigkeit für den rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilten Elsner beantragen, kündigte Elsners Anwalt Karl Bernhauser an. Alle Anträge, Elsner aus der fast vierjährigen U-Haft zu entlassen, wurden bisher von den Gerichten unter Verweis auf Fluchtgefahr abgelehnt.

Elsner selber verließ unter großem Blitzlichtgewitter nach einem kurzen Aufenthalt mit seinen Anwälten und seiner Frau in einem Nebenzimmer das Gericht. "Kein Kommentar", rief ein Justizwachebeamter auf Fragen von Journalisten. Elsner selber wirkte ebenfalls gefasst. Er wandte sich kurz an seinen Anwalt Karl Bernhauser, er habe noch eine Frage. Beim Gehen sagte Elsner "auf Wiedersehen".

Ruth Elsner: Flöttl vor Gericht stellen

Seine Ehefrau Ruth Elsner zeigte sich vor Journalisten gefasst: "Mein Mann ist kämpferisch." Er wisse, dass heute ein großes Unrecht geschehen sei. Nun werde man sich weiters um die Aufklärung in den USA kümmern. Mit Hilfe von Sachverständigen und Anwälten solle geklärt werden, wohin die BAWAG-Gelder wirklich geflossen seien. Bezüglich des Spekulanten Wolfgang Flöttl, dessen Urteil erster Instanz heute zur Gänze aufgehoben und zur Neuverhandlung ans Erstgericht verwiesen worden war, zeigte sich Ruth Elsner skeptisch: Sie glaube nicht, dass Flöttl noch einmal vor einem österreichischen Gericht stehen werde.

Nach Angaben seines Anwalts Herbert Eichenseder befindet sich Flöttl nicht in Österreich, wo genau sein Mandant sei, wisse er nicht. Vor Journalisten sagte Eichenseder heute, es sei nicht sicher, ob Flöttl wirklich erneut vor Gericht gestellt werde. Falls dies aber so sei, dann rechne er mit einem Freispruch. Flöttl war in erster Instanz zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, davon sechs Monate unbedingt. Diese Verurteilung wegen Beteiligung an Untreue wurde heute zur Gänze aufgehoben. (Text: APA, Red.)

Völlig neue Rechtsfragen

Wolfgang Brandstetter, Professor für Wirtschaftsstrafrecht an der Wirtschaftsuniveristät Wien, betont, dass beim BAWAG-Verfahren über sehr komplizierte Rechtsfragen entschieden werden musste. Da könne es durchaus unterschiedliche Rechtsansichten geben. Das BAWAG-Verfahren habe auch völlig neue Rechtsfragen aufgeworfen, unterstreicht Brandstetter, unter anderem die Frage, wie weit Aufsichtsräte, Mitvorstände und Wirtschaftsprüfe strafrechtlich haftbar seien.

Bandion-Ortner hat nicht alleine entschieden

Ob die Reputation der derzeitige Justizministerin und früheren Richterin im BAWAG-Prozess Claudia Bandion-Ortner unter dem neuen Urteil leide? Brandstetter betont, dass man die zwei Funktionen voneinander trennen müsse. Das BAWAG-Urteil sei damals von einem vierköpfigen Richtersenat getroffen worden und nicht von Bandion-Ortner alleine.

Mittagsjournal, 23.12.2010

Interview mit Professor Dr. Wolfgang Brandstetter

Opposition will Rücktritt Bandions

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im BAWAG-Prozess fordert die Opposition den Rücktritt von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Sie war damals als Richterin für das erstinstanzliche Urteil verantwortlich - der OGH hat dieses Urteil jetzt aber teilweise aufgehoben.

Für Justizministerin Bandion-Ortner ist die Zeit abgelaufen, sagt der grüne Justizsprecher Erwin Steinhauser. Er kündigt einen Misstrauensantrag im Nationalrat an, sollte die Ministerin keine Konsequenzen ziehen.

Für das BZÖ ist das OGH-Urteil eine vollkommende Blamage für die ehemalige BAWAG-Richterin Bandion-Ortner, urteilt das BZÖ-Bündnis-Obmann Josef Bucher.

Die Freiheitlichen fordern zwar nicht direkt den Rücktritt der Justizministerin. Es zeige sich aber einmal mehr, dass ihre Bestellung eine krasse Fehlentscheidung gewesen sei. Und sie müsse sich selbst fragen, ob sie als Justizministerin noch tragbar sei, sagt FPÖ-Generalsekretär Vilimsky.

ÖVP hinter Justizministerin

ÖVP-Generalsekretär Kaltenegger verteidigt die Justizministerin. Er sieht das erstinstanzliche Urteil dadurch bestätigt, dass Helmut Elsner die Höchststrafe von 10 Jahren erhalten hat. Im Übrigen leiste Bandion-Ortner tadellose Arbeit.

Abendjournal, 23.12.2010

Opposition für Rücktritt,