FMA muss Kompetenzen abgeben

EU-Finanzkontrolle nimmt Arbeit auf

Banken, Börsen und Versicherungen werden ab jetzt von neuen EU-Aufsichtsbehörden kontrolliert. Drei Monate nach dem Beschluss im Europaparlament nehmen sie ihre Arbeit auf. Nationale Aufsichtsbehörden, in Österreich die Finanzmarktaufsicht (FMA), müssen erstmals Befugnisse an die europäische Ebene abgeben.

Mittagsjournal, 03.01.2011

London, Paris, Frankfurt

Kein Durcheinander mehr in Europa. EU-Finanzmarktpolizisten wachen gemeinsam mit ihren Kollegen in den EU-Staaten über die Märkte. Nach harten Verhandlungen hat die EU das Krisenmanagement und die Prävention verstärkt. Die Behörde in London wacht über die Banken, die in Frankfurt über die Versicherungen, und die Börsenaufsicht ist in Paris. In drei Jahren sollen sie je 100 Mitarbeiter haben.

Kein Chef aus Österreich

Die Behörden gehen aus bereits bestehenden Ausschüssen hervor. Die Chefsessel sind noch nicht besetzt, aber die Kandidatenhearings bereits gelaufen. Auf der shortlist findet sich kein Kandidat aus Österreich, heißt es aus Branchenkreisen. Die Besetzung soll Mitte Jänner offiziell bekanntgegeben werden.

Mehr Koordination

Mit der neuen Aufsichtsstruktur sollen unkoordinierte, nationale Alleingänge verhindert werden. Ein Beispiel ist das Verbot von hochspekulativen Börsenwetten, den ungedeckten Leerverkäufen, das in einzelnen Staaten gilt, darunter Deutschland und Österreich. In allen 27 EU-Staaten ist das bis jetzt nicht durchsetzbar. Außerdem soll die neue Aufsichtsstruktur länderübergreifende Probleme - wie zum Beispiel den Zusammenbruch des Benelux-Konzerns Fortis - besser meistern als die derzeit national zersplitterte Aufsicht.

Anlaufstelle für Betroffene

Die nationalen Behörden bekommen eine Ergänzung, erklärt Helmut Ettl, Vorstand der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA): "Jeder Sparer, jeder Anleger, jeder Betroffene kann sich an die EU-Aufsichtsbehörden wenden. Wenn man der Ansicht ist, dass eine nationale Aufsichtsbehörde nicht oder nicht EU-rechtmäßig vorgegangen ist, dann kann man sich an die EU-Aufsichtsbehörden wenden. Die können zum Beispiel Bescheide nationaler Aufsichtsbehörden aufheben."

Große Machtfülle

Zu den Aufgaben der neuen EU-Behörden gehört auch die Marktbeobachtung, "Blasen" sollen frühzeitig erkannt werden. Neu ist auch ein "Risikorat", der über die Stabilität des Finanzsystems wacht. Die neuen EU-Finanzmarktpolizisten sind mit großer Machtfülle ausgestattet. Bei Schieflagen von grenzüberschreitend tätigen Banken und Versicherungen sollen sie das Krisenmanagement steuern. Dabei sei die FMA in das europäische System eingebunden, und die europäische Aufsicht stütze sich in erster Linie auf die Daten der FMA, erläutert Ettl. "Und wir entscheiden auch mit über Einzelfälle und Regulierungen in Europa."

Einspruch möglich

Für die nationalen Staaten gibt es eine Schutzklausel: Wenn ein Staat durch eine Entscheidung einer EU-Aufsichtsbehörde seine Budgethoheit verletzt sieht, kann er Einspruch erheben. Das letzte Wort haben dann die EU-Finanzminister.