Rechtmäßigkeit in Frage gestellt

Ungarisches Mediengesetz: EU-Kommission besorgt

Die Kritik an Ungarn zu Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft in der EU reißt nicht ab. Im Zentrum steht dabei das neue ungarische Mediengesetz, das einer von der Regierungspartei besetzten Behörde die Oberaufsicht über Zeitungen, Radio und Fernsehsender gibt. Auch die EU-Kommission in Brüssel äußert jetzt Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Einrichtung.

Abendjournal, 03.01.2011

EU bezweifelt Unabhängigkeit

Die Europäische Kommission bezweifelt in aller Form die Unabhängigkeit der neuen ungarischen Medienaufsichtsbehörde, in der ausschließlich Vertreter der Regierungspartei sitzen. Nur regierungsunabhängige Medienbehörden sind jedoch in der EU erlaubt. Die zuständige Kommissarin Neelie Kroes hat der ungarischen Regierung diese Bedenken bereits Ende Dezember mitgeteilt, jetzt wartet man auf die detaillierte Antwort aus Budapest.

Streit auch über Unternehmenssteuer

Auch im Streit um eine Krisensondersteuer, die besonders ausländische Unternehmen trifft, sind Brüssel und Budapest über Kreuz, ausgerechnet zu Beginn des sechsmonatigen ungarischen Vorsitzes in der EU. Die Kommission untersucht, ob diese mit drei Jahren befristete Steuer einer verbotenen Diskriminierung nichtungarischer Investoren gleichkommt. Ein ungewöhnlich scharfer Protestbrief von 13 Konzernchefs, die Strafmaßnahmen gegen Ungarn fordern, verschärft den Druck.

Präsidentschaft überschattet

Die nationalkonservative Regierung Orban will hart bleiben und weist alle Zweifel als unbegründet zurück. Aber die europäische Kritik an Maßnahmen, die in der internationalen Presse als halbautoritär und nationalistisch zerpflückt werden, überschattet jetzt schon die erste Ratspräsidentschaft Ungarns in der EU. Ende der Woche sind alle 27 EU-Kommissare mit Kommissionspräsidenten Barroso zu Gast in Budapest. Der Disput über das ungarische Mediengesetz wird bei diesem normalerweise harmonisch inszenierten Treffen das wichtigste Thema sein. Kritik kam bereits von den Regierungen in Berlin, Prag und Luxemburg sowie von Europaabgeordneten.

Zufrieden nur Ice-T

Zufrieden ist nur der Rapper Ice-T, der einer kleinen ungarischen Radiostation wegen Gewaltverherrlichung in seinen Texten das erste Verfahren der umstrittenen Medienbehörde eingebrockt hat. I love it, freut sich der etwas aus der Mode gekommene amerikanische Rap-Sänger über den unerwarteten Werbeeffekt, die Welt habe offensichtlich noch immer Angst vor ihm.