Kulturzentrum im spanischen Avilés

Neues Gebäude von Oscar Niemeyer

In der nordspanischen Stadt Avilés ist das Internationale Kulturzentrum Oscar Niemeyer eingeweiht worden. Entworfen hat es der brasilianische Stararchitekt Oscar Niemeyer, der kürzlich seinen 103. Geburtstag feierte.

Der Architekt mit deutschen Vorfahren, der maßgeblich an der Planung der brasilianischen Hauptstadt beteiligt war, erlebte die Eröffnung seines ersten Gebäudes in Spanien aus der Ferne. Per Videokonferenz grüßte der Altmeister der Architektur die Besucher.

Der Kulturzentrum Niemeyer ist nicht das einzige Großprojekt in Nordspanien, das unter Architekten für Aufsehen sorgt. In Galicien wird in diesen Tagen ein Kongresszentrum fertig gestellt, das von Cesar Portela gestaltet wurde.

Kulturjournal, 05.01.2011

Die Stunde der Kultur-Industrie

Die nordspanische Stadt Avilés sei durch die Schwerindustrie im 19. Jahrhundert groß geworden, sagte der Historiker Juan Carlos de la Madrid anlässlich der Eröffnung des Zentrums Niemeyer. Jetzt schlage die Stunde der Kultur-Industrie.

Der Meister der Kurven, wie der im Jahr 1907 in Rio de Janeiro geborene Architekt genannt wird, ist ein freigiebiger Mann. Den Entwurf für das Kulturzentrum schenkte der Brasilianer dem Fürstentum Asturien, das ihn im Jahr 1989 mit dem renommierten Fürst-von-Asturien-Preis für Kunst geehrt hatte. Niemeyer, der im Dezember seinen 103. Geburtstag feierte und Rio de Janeiro nicht mehr verlässt, sandte zur Eröffnung des nach ihm benannten Kulturzentrums im Nordwesten Spaniens eine Video-Grußbotschaft, in der er den Entwurf näher erläutert:

"Das Wichtigste an der Architektur ist die Überraschung, etwas Neues zu schaffen. Genau das war es, was ich in Avilés anbieten wollte. Ich habe mit vollem Einsatz gearbeitet, um gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort das Projekt vorwärts zu bringen. Alle Beteiligten, die mich in Rio besucht haben, zeigten Verständnis und waren zuvorkommend."

Mehr als 15 Jahre bis zur Fertigstellung

Dass zwischen den ersten Skizzen für das Kulturzentrum im kleinen Fürstentum mit rund einer Million Einwohnern und der Fertigstellung mehr als eineinhalb Jahrzehnte vergehen mussten, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Streitbarkeit der Lokalpolitiker. Die Suche nach einem geeigneten Standort für das Präsent Niemeyers wurde erst nach langem Hin und Her entschieden.

Die Wahl fiel auf die mit 80.000 Bewohnern drittgrößte Stadt der Region. In dem vom industriellen Niedergang und hoher Arbeitslosigkeit gezeichnete Avilés fand man für das Kulturzentrum einen geeigneten Standort am Rand einer Flussmündung mit Blick auf den Industriehafen der Stadt, und den dahinter liegenden Golf von Biskaya.

Architekt mit eigener Gestaltung

Auch die bestehenden sozialen Probleme in Avilés, das unter Abwanderung und fehlenden Jobs leidet, haben den bekennenden Kommunisten Oscar Niemeyer beflügelt. Der Pritzker-Preisträger hatte die nach seinen Entwürfen vor 50 Jahren fertig gestellte Hauptstadt Brasiliens als "gebauten Traum von der Gerechtigkeit" beschrieben. Nochmals Oscar Niemeyer in seiner Videobotschaft für Avilés:

"Das Kulturzentrum ist eine so wichtige Sache und die Beteiligten arbeiten mit großem Eifer daran, das macht mich sehr glücklich. Heute gibt es nicht die ideale Architektur, das würde in Monotonie enden. Jeder Architekt gestaltet seine eigene Architektur und ich mache meine."

Noch kein Programm festgelegt

Die Lage des Zentrums Niemeyer an einer Flussmündung in der Nachbarschaft einer Raffinerie und mehrerer aufgelassener Industriestätten drängt den Vergleich mit dem Guggenheim-Museum in Bilbao auf. Auch in der baskischen Metropole, die rund 300 Kilometer östlich von Avilés liegt, setzten die Entscheidungsträger auf die Signalwirkung der Architektur. Im Fall Bilbao brachte die Millioneninvestition für Frank Gehrys von Aluminiumplatten umhülltes Museum mit dem Markennamen Guggenheim die erhoffte Umweg-Rentabilität.

Ob Niemeyers Kulturzentrum die von den Politikern im Fürstentum Asturien gewünschte Wirkung auf den Fremdenverkehr haben wird, hängt nicht zuletzt vom Programm ab, das dem Zentrum Niemeyer Leben einhauchen wird. Vorerst ist nur bekannt, dass in dem an ein weißes Ufo erinnernden Gebäude Ausstellungen, Kongresse und Studienveranstaltungen unter UNO-Schutzherrschaft stattfinden sollen. Auf der offiziellen Homepage des Zentrums findet man im Veranstaltungskalender für 2011 noch keinen Eintrag.

Neues Kongresszentrum von Cesar Portela

Ebenfalls mit Blick auf den Kongress- und Ausstellungstourismus wird in Galicien ein Kongresszentrum in Vigo errichtet. Vigo liegt an der Atlantikküste Galiciens nahe der portugiesischen Grenze und ist Standort der größten Fischereiflotte der iberischen Halbinsel.

Das vom galicischen Architekten Cesar Portela mit einem Budget von 85 Millionen Euro entworfene Kongress- und Kulturzentrum wird noch im Jänner fertig gestellt werden. Auch Cesar Portela ließ sich - ähnlich wie Oscar Niemeyer bei seinen Entwürfen für Avilés - vom Industriehafen und dem Blick auf den Atlantik inspirieren:

"Das Gebäude soll wirken wie ein großes Atlantik-Kreuzfahrtschiff: mit der Kraft und dem Gewicht, die ein solches Riesenschiff verkörpert. Aber wenn es dann schwimmt, überrascht es durch seine Leichtigkeit. Diese Leichtigkeit liefert uns die Sonne, die sich in der Fassade spiegelt. Wir wollten die Wucht eines riesigen Baukörpers, der im Inneren unterschiedliche Aufgaben erfüllen soll, mit der Leichtigkeit eines Segelschiffs verbinden. So dass man glauben könnte, es legt ab und steuert durch die Flussmündung ins offene Meer."