Im Stil von Wikileaks

1.600 Geheimpapiere enthüllt

Der arabische Nachrichtensender Al Jazeera und die britische Tageszeitung Guardian haben im Stil der Enthüllungsplattform Wikileaks etwa 1.600 Geheimdokumenten zu den Nahost-Friedensverhandlungen veröffentlicht. Demnach sind die Palästinenser unter Präsident Mahmud Abbas seit zwei Jahren zu weitreichenden Zugeständnissen im Nahostkonflikt bereit.

Mittagsjournal, 24.01.2011

Große Zugeständnisse

Seit Wochen sind die Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern blockiert, weil Israel seinen Siedlungsbau in den von den Palästinensern beanspruchten Gebieten nicht einstellen will. Aber die jetzt veröffentlichten Dokumente enthüllen Unglaubliches: Die palästinensische Führung soll im Nahostkonflikt zu weit größeren Zugeständnissen bereit sein als sie öffentlich erklärt. Präsident Mahmoud Abbas will demnach schon seit zwei Jahren auf Land verzichten, das israelische Siedler für sich vereinnahmt haben. Fast alle israelischen Siedlungen, die seit 1967 in und um Jerusalem errichtet wurden, würde man akzeptieren - so soll das Angebot der Palästinenser lauten.

Schwacher Abbas

Ian Black vom britischen Guardian, der die Informationen zugespielt bekommen hat, spricht von der größten Enthüllung vertraulicher Papiere in der Geschichte des Nahostkonflikts. Sie zeigten, wie schwach Präsident Abbas und seine Gefolgsleute tatsächlich seien.

Keine Reaktion Israels

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat hat Israel angeblich das "größte Jerusalem" in der Geschichte versprochen. Bis auf eine könne Israel alle Siedlungen in Ostjerusalem annektieren, soll Erekat angeboten haben. Laut Al Jazeera hat Israel darauf nicht einmal reagiert.

Erekat dementiert. Er sagte der Zeitung "Al-Ayyam" am Montag, es handle sich bei den Berichten um "Lügen und Halbwahrheiten".

Analyse im Mittagsjournal, 24.01.2011

Karim el Gawhary und Ben Segenreich im Gespräch mit Wolfgang Wittmann

Verpasste Chance für Israel?

Warum hat Israel das Angebot eines "größten Jerusalem der Geschichte" nicht angenommen? Die Verhandlungen seien eben noch nicht fertig gewesen, und die damalige Regierung Olmert sei innenpolitisch und am Gaza-Krieg gescheitert, sagt Israel-Korrespondent Ben Segenreich. "Das Ganze ist irgendwie liegen geblieben."

Israel gebe nur unter Druck nach, sagt der arabische Korrespondent Karim El Gawhary. Und dieser Druck von außen, den man sich auch von US-Präsident Barack Obama erhofft hatte, sei ausgeblieben. Innenpolitisch sei Israel weiter nach rechts gerückt.

Wer hinter der Veröffentlichung der Unterlagen steckt, ist für beide Korrespondenten unklar. Möglich ist eine Intrige der palästinensischen Hamas gegen die Fatah, aber das Leck könne auch von vielen Seiten kommen.

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