"Guter Sinn verfehlt"
"Mittlere Reife": Experte skeptisch
Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) haben sich die Eckpunkte für ein Modell der mittleren Reife an den Schulen geeinigt. Doch der Bildungswissenschaftler Ferdinand Eder von der Universität Salzburg ist skeptisch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 24.01.2011
Keine objektivierte Prüfung
Die Mittlere Reife am Ende der achten Schulstufe soll keine punktuelle Prüfung werden, sondern eine Zusammenschau aus Zeugnisnoten, Bildungsstandards und einer verbalen Beurteilung, so die Ministerinnen Karl und Schmied. Doch so könnten regionale und soziale Unterschiede beim Aufstieg in die Oberstufe, die es im Moment gibt, nicht ausgeglichen werden, warnt Eder. Das würde voraussetzen, dass es um eine objektivierte Prüfung handelt, sagt Eder. Doch "die Vorschläge in den letzten Tagen gehen in die Richtung, diese Prüfung wieder hauptsächlich auf die Noten und andere in der Schule erstellten Unterlagen zu stützen, wodurch dieser mögliche gute Sinn einer solchen Prüfung eigentlich wieder verfehlt würde."
Landjugendliche müssen mehr leisten
Dabei wäre es durchaus sinnvoll, die regionalen Unterschiede beim Zugang zu höheren Schulen auszugleichen, sagt Eder. Denn derzeit gebe es wegen der sehr unterschiedlichen Tradition der Notengebung große Unterschiede in den Anforderungen. "Vor allem im ländlichen Bereich müssen Jugendliche viel mehr leisten um einen Berechtigung für eine höhere Schule zu erhalten als im städtischen Bereich. Diese Prüfung wäre sicher geeignet, hier einen Ausgleich zu schaffen", so Eder - allerding nur mit österreichweit einheitlichen und objektivierbaren Kriterien, und danach sehe es im Moment nicht aus. Auch ein sozialer Ausgleich durch die Mittlere Reife könne so nicht stattfinden.
Warum nicht gleich Gemeinsame Schule?
Ein weiterer Punkt: Eine Mittlere Reife nach der achten Schulstufe macht nach Ansicht Eders keinen Sinn, weil die Schulpflicht neun Jahre dauern. Auch diese Unstimmigkeit müsste im Zuge der Schulreform beseitigt werden, sagt der Bildungswissenschaftler. Außerdem müsste man sich fragen, warum man nicht gleich eine gemeinsame Schule aller 10- bis 14-Jährigen mache.