Rumänien und Bulgarien weiter draußen

Ärger über Schengen-Aufschub

Die beiden jüngsten EU-Mitglieder, Rumänien und Bulgarien, sind derzeit nicht gut zu sprechen auf die EU. Die Regierungen in Bukarest und Sofia sind verärgert, weil ihnen der Beitritt zur Schengen-Zone vorerst verweigert wird.

Mittagsjournal, 31.01.2011

"Ungerecht behandelt"

Die Aufnahme der beiden Länder wäre im März vorgesehen gewesen, doch nach Einwänden aus Deutschland, Frankreich, Finnland und auch Österreich musste die ungarische Ratspräsidentschaft den Beitritt auf unbestimmte Zeit verschieben. Beiden Ländern wird vorgeworfen, nicht genügend Fortschritte im Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität gemacht zu haben. Bulgarien habe auch noch Schwierigkeiten, alle technischen Voraussetzungen für die Überwachung einer EU-Außengrenze zu erfüllen, wie es aus Brüssel heißt. Die bulgarische Regierung bestreitet das und fühlt sich unfair behandelt.

Bulgarien beteuert

"Man tut und macht und wird letztlich nicht belohnt dafür" – das ist derzeit die Meinung der bürgerlichen Regierung Bulgariens, wenn sie nach dem Stand der Dinge bezüglich ihres Schengen-Beitritts befragt wird. Tatsächlich drückt Bulgarien derzeit aufs Tempo, entlang der bulgarisch-türkischen Grenze wird fieberhaft gearbeitet. Neue Grenzzäune werden errichtet, Infrarotkameras aufgestellt, und die bulgarische Grenzpolizei wird in den nächsten Wochen auch personell verstärkt. 175 Millionen Euro wurden bisher für die Sicherung und Überwachung der künftigen EU-Außengrenze ausgegeben, 140 Millionen davon zahlte die EU. Der bulgarische Innenminister Tsvetan Tsvetanov versichert daher: "Im März ist Bulgarien bereit, der Schengen-Zone beizutreten. Dann sind alle technischen Kriterien erfüllt."

Grenze zu löchrig

Doch die Liebesmüh ist vergeblich, Bulgarien wird nicht aufgenommen. Deutschland, Frankreich, Finnland und auch Österreich haben Einwände. Zwar gesteht man Rumänien zu, alle technischen Voraussetzungen erfüllt zu haben, nicht aber Bulgarien. Die bulgarisch-türkische Grenze sei nach wie vor löchrig, heißt es. Und beiden Ländern wird vorgeworfen, zu wenig Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption und organisierten Kriminalität gemacht zu haben. Beide Länder zeigen sich darüber verärgert, dass plötzlich politische und nicht wie bisher ausschließlich technische Gründe maßgeblich für die Schengen-Aufnahme sind. Der bulgarische Innenminister Tsvetanov: "Das ist nicht fair, denn es müssen gleiche Kriterien für alle Schengen-Kandidaten gelten. Bisher spielten rein politische Gründe keine Rolle für die Schengen-Aufnahme, sondern es waren nur technische Voraussetzungen zu erfüllen."

"Korruption auf allen Ebenen"

Der Oppositionsführer im bulgarischen Parlament, der Sozialist und ehemalige Premierminister Sergej Stanishev glaubt zwar auch, dass Bulgarien technisch gerüstet ist, zeigt aber Verständnis für die Einwände westeuropäischer Schengenländer: "Der wahre Grund ist das mangelnde politische Vertrauen in diese bürgerliche Regierung. Denn wenn es noch immer Korruption auf allen Ebenen gibt und eine starke organisierte Kriminalität, was leider der Fall ist, dann kann es mit Bulgarien für das Schengen-System auch keine Garantie geben, dagegen immun zu sein."

Angst vor Kleinkriminalität?

Die Regierungen in Bulgarien und Rumänien sind hingegen überzeugt, dass die Verschiebung ihres Schengen-Beitritts mit Vorurteilen in Westeuropa zu erklären ist. Hinter vorgehaltener Hand sagt man in Bukarest und Sofia, dass man in den Schengen-Ländern Angst davor habe, dass mit Bulgarien und Rumänien auch die Kleinkriminalität, Prostitution und das Lohndumping daherkomme. Die kleinen Betrüger und Diebe, die Sexarbeiterinnen und Billiglohnkräfte würden ohnehin nicht auf den Schengen-Beitritt warten, die reisen schon die längste Zeit in der EU frei herum, wie es süffisant heißt.

Übersicht

  • Rumänien
  • Bulgarien