Amtsverzicht erst ab September

Spaltet Mubarak die Protestbewegung?

In Ägypten dürften die Proteste gegen Staatschef Mubarak auch nach dessen angekündigten Verzicht auf eine weitere Amtszeit weitergehen. In der Hafenstadt Alexandria haben sich in der Nacht Anhänger und Gegner von Mubarak gewalttätige Auseinandersetzungen geliefert. Es ist fraglich, ob Mubaraks Strategie tatsächlich aufgeht.

Morgenjournal, 02.02.2011

Zusammenstöße in Alexandria

Zwei Millionen haben gestern in Kairo demonstriert - und einen ersten Erfolg erzielt:
Ägyptens Präsident Hosni Mubarak verkündete am späten Abend, dass er auf eine weitere Amtszeit verzichte. Er will aber nicht, wie von den Demonstranten gefordert, sofort zurücktreten, sondern bis September im Amt bleiben. Der Protestbewegung reicht das offenbar nicht: In Alexandria ist es nach der TV-Rede Mubaraks zu Zusammenstößen gekommen. Die Menge geriet in Panik, die Armee soll Warnschüsse abgefeuert haben.

ORF-Korrespondent Karim El Gawhary in Kairo

Morgenjournal-Gespräch am 02.02.2011 mit Wolfgang Wittmann

Hinhaltetaktik

Die Bevölkerung Ägyptens dürfte durch nach der Ankündigung Mubaraks gespalten sein. Für manche ist das ein Kompromiss, denn sie wollen, dass der Stillstand im Land wieder aufhört. Aber die Demonstranten vom Vortag sagen wohl, das ist nur ein weiteres Rückzugsgefecht Mubaraks. Zuerst hat er Reformen angeboten, dann hat er einen Stellvertreter eingesetzt und einen neuen Ministerpräsidenten, dann eine neue Regierung und jetzt diese Rede. Das würde bis zu den Wahlen aber noch weitere acht Monate mit Mubarak bedeuten. Und das würde auch bedeuten, dass nicht eine Übergangsregierung freie Wahlen vorbereitet, sondern im herrschenden System weitergemacht wird. Und dem trauen viele Leute nicht. Denn schon bei den letzten Parlamentswahlen ist massiv betrogen worden.

Konzentration auf Freitag?

Dass sich die USA und der Westen an Stellungnahmen zurückhalten, wird von den Menschen eher gutgeheißen. Sie fühlen und sind stolz darauf, dass es "ihre" Revolution ist, ohne Einmischung von außen. Außerdem würde Mubarak die Protestbewegung als westlich gesteuert diskreditieren, sollte sich das Ausland zu sehr einmischen. Auch in Tunesien sind die Leute den Diktator Ben Ali alleine losgeworden. Für heute ist in Kairo zwar wieder eine Demonstration angekündigt, allerdings an einem anderen Platz. Es sieht so aus, als ob die Opposition ihre Kräfte auf den Freitag bündeln wollte.