Neuer Gewaltausbruch droht

Kairo: Stimmung heizt sich wieder auf

In Kairo versucht die Armee, neue Straßenschlachten zwischen Regime-Gegnern und -Anhängern im Zentrum der Stadt zu verhindern - vergeblich. Es kommt bereits wieder zu Zusammenstößen. Rund um den Tahrir-Platz versammeln sich Mubarak-Gegner auf der einen Seite und Schlägertrupps auf der anderen.

Reportage aus Kairo

Mittagsjournal, 03.02.2011

Polizisten in Zivil als Schläger

In der Nacht hatten Schlägertrupps von Mubarak-Anhängern Demonstranten angegriffen. Mehrere Menschen wurden getötet, hunderte verletzt. Für morgen hat die Opposition zu einer neuen Großkundgebung gegen Präsident Hosni Mubarak aufgerufen. Gegenüber der ORF-Reporterin beschuldigt ein Demonstrant Staatschef Hosnis Mubarak, er werde sein Versprechen nicht halten, dass er im September nicht mehr kandidiert. Das Mubarak-Regime sei kriminell, habe Polizisten in Zivil und andere Schläger ausgeschickt, um auf Demonstranten loszugehen. 400 von ihnen habe man gestern gefangengenommen. Sie seien sicher, sie würden gut behandelt und auch zu essen bekommen. Die Armee habe gestern nichts getan und nur zugeschaut. Aber heute früh habe sie Angreifer ferngehalten, die Mubarak-Gegner hoffen, dass die Armee so weitermacht. Man hat sich heute besser vorbereitet und den Eingang zum Platz besser abgeriegelt. Ab die große Schlacht um den Platz wird für morgen Freitag erwartet.

Karim El Gawhary berichtet aus Kairo

Mittagsjournal-Gespräch am 03.02.2011 mit Hubert Arnim-Ellissen

Entschuldigung sinnlos

Am gegenüberliegenden Eingang zum Platz sammeln sich die Schlägergruppen und kontrollieren jeden, der auf den Platz will. Auch das Militär tritt nun deutlicher in Erscheinung und nimmt ebenfalls Personenkontrollen vor. Es wird auch darauf ankommen, ob das Militär etwas unternimmt, um die weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern. Dass sich der neue ägyptische Ministerpräsident Ahmed Shafiq für die Gewalt gegen protestierende Regime-Gegner entschuldigt hat, beeindruckt die Demonstranten wenig, zumal sich die nächste Schlägerei schon wieder anbahnt.

"Für Angriffe auf friedliche Demonstranten gibt es keine Ausreden, und deswegen entschuldige ich mich dafür", hatte Shafiq dem TV-Sender Al-Hayat gesagt. Unterdessen bestritt die Regierung weiter, in die Angriffe von Anhängern des Präsidenten Hosni Mubarak auf Regimegegner im Zentrum von Kairo verwickelt zu sein. Dabei hatte es in der Nacht auf Freitag Tote und Hunderte Verletzte gegeben.

Scheinangebote

Das Regime macht zugleich Verhandlungsangebote: Vize-Präsident Omar Suleiman habe einen Dialog mit der Opposition begonnen, meldete das ägyptische Staatsfernsehen am Donnerstag. Nach Angaben von Regierungsgegnern handelt es sich bei diesen Oppositionellen um Vertreter von sechs kleineren Parteien. Die meisten Oppositionellen, die sich mit den Anti-Regierungs-Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo solidarisiert haben, hatten jedoch erklärt, sie wollten erst nach einem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak mit Suleiman über demokratische Reformen sprechen. So lehnte auch Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei am Donnerstag das Verhandlungsangebot der Regierung ohne Vorbedingungen ab: Präsident Mubarak müsse zuerst sein Amt niederlegen.