Spannung am "Tag des Abgangs"

Kairo: Militär kontrolliert Zugänge

In Kairo haben sich wieder zehntausende Menschen zum Protest gegen Staatschef Hosni Mubarak versammelt, eine Million wird erwartet. Es soll heute der "Tag des Abgangs" werden, haben sie angekündigt. Die Demonstration hat mit dem Freitagsgebet begonnen, noch ist es friedlich, das Militär versucht, Mubaraks Schlägerbanden fernzuhalten.

Reportage von Barbara Ladinser aus Kairo

Mittagsjournal, 04.02.2010

"Wir brauchen die Regierung nicht mehr"

Das ist neu: An den Eingängen zum Tahrir-Platz stehen Soldaten hinter ausgerolltem Stacheldraht - offenbar bereit, Angreifer abzuwehren. Wer den Platz betreten will, wird von einer Art freiwilligem Zivilschutz mehrmals durchsucht. Der Platz selbst ist längst ein riesiger Campingplatz. Mit Journalisten, die gestern von Mubarak-Anhängern terrorisiert worden waren, wird hier betont freundlich umgegangen. Kundgebungsteilnehmer sind selbst erstaunt über die vorherrschende Einigkeit. Das sei ungewöhnlich für Ägypten, sagt eine Demonstrantin. Sie schildert den Tahrir-Platz als eine eigene Stadt: "Wir haben alles, eine Militärorganisation, ein Spital, Essensversorgung, eine Unterhaltungsbühne. Wir brauchen die Regierung nicht mehr."

Wieder eine Million

Man hofft, dass das Militär die Demonstranten gegen die Schlägerbanden verteidigt. Dank gilt jenen, die den Protest über die Internetplattform Facebook organisiert haben. "Je mehr Druck wir spüren, desto mehr rücken wir zusammen." Eine Million Menschen soll heute wieder auf dem Tahrir-Platz zusammenkommen.

Ominöse Durchsagen

Doch die Stimmung ist äußerst angespannt. Im Hotel kommt die Durchsage: Es ist den Gästen auf Anordnung des Militärkommandanten verboten, auf Balkone zu gehen, von Balkonen oder Fenstern aus zu filmen. "Wenn jemand gesehen wird, wie er von einem Balkon aus filmt, wird das Militär kommen, suchen und diese Vorschrift durchsetzen." Es ist unklar, was das zu bedeuten hat. Aber es verheißt nichts Gutes.