Streichung der Subventionen trifft Bevölkerung hart

Bolivien: Zuckerpreise haben sich verdoppelt

Nach den Subventionen für Benzin hat der bolivianische Präsident Evo Morales auch jene auf Zucker abgeschafft. Die Verdoppelung des Zuckerpreises hat zu großer Verärgerung unter der Bevölkerung geführt. Das Ansehen von Evo Morales hat einen Tiefpunkt erreicht. Experten fordern eine Regulierung der Exporte von landwirtschaftlichen Produkten.

Mittagsjournal, 09.02.2011

12 Stunden in der Schlange für einen Kilo Zucker

Die Nerven liegen blank in der Stadt El Alto. Hausfrauen beschimpfen Lebensmittellieferanten, die seit Wochen keinen Zucker mehr im Angebot haben, aber auch Mehl und Mais sind in Boliviens Läden Mangelware geworden. Bis zu zwölf Stunden stehen die Menschen für ein Kilo Zucker in der Schlange.

Regierung hat falsch gewirtschaftet

Grund der Lebensmittelknappheit ist unter anderem ein falsches Wirtschaften der Regierung, sagt der Landwirtschaftsexperte Enrique Ormachea: "Die landwirtschaftliche Produktion deckt gerade eben so den internen Markt ab. Bolivien ist es nicht geglückt in den letzten Jahren unter der Regierung von Morales, Lebensmittel einzulagern, auf die in Notsituationen zurückgegriffen werden können. Seien diese bedingt durch den Klimawandel oder internationale Preisschwankungen."

Lebensmittel: Konzentration auf nur vier Produkte

Eigentlich hat in den letzten zwanzig Jahren die landwirtschaftliche Produktion in Bolivien deutlich zugenommen. Doch der Anbau beschränkt sich überwiegend auf vier Produkte: Zuckerrohr, Mais, Soja und Getreide. Ein Großteil der Ernte ist für den Export bestimmt - zu wenig bleibt im Land. Während einige Frauen über die Lebensmittelknappheit wütend sind, versuchen sich andere damit abzufinden: "Alles ist unglaublich teuer. Es müsste einen Bürgerrevolte geben! Wovon sollen wir leben? Wir haben Familie, Kinder und Enkel, es ist zum Heulen. Das Geld reicht einfach nicht aus. Es kann nicht sein, dass andere Länder Lebensmittel im Überfluss haben und wir in Bolivien immer weniger." Eine andere: "Wir müssen kürzer treten, wir werden alle schlank sein, einfach weniger essen."

Produktion mehr für Export als für Inland

Kürzlich hat Präsident Evo Morales die Subventionen für Zucker gestrichen, der Preis für Zucker hat sich seither verdoppelt. Jetzt kündigte Morales an, die landwirtschaftliche Produktion ankurbeln zu wollen - doch die Erträge sollen vor allem für den Export bestimmt sein. Morales: "Im Alti Plano, und im großen Tal im Osten des Landes haben wir so viel Land, das Lebensmittel für alle garantiert. Und Lebensmittel zu haben bedeutet, gesund zu sein. Und hier müssen wir auch weiter denken, unsere landwirtschaftlichen Produkte zu exportieren, um nicht nur vom Gas und unseren Mineralien abhängig zu sein."

Experte: Ausfuhr regulieren

Der Klimawandel sei für die Zuckerkrise in Bolivien verantwortlich, so Morales. Die anhaltende Trockenheit habe einen bedeutenden Teil der Ernte zerstört und nun reiche der Zucker für den Binnenmarkt nicht mehr aus. Für den Experten Enrique Ormachea ist klar, welche Maßnahmen die Regierung jetzt ergreifen müsste: "Die Priorität der Politiker müsste jetzt sein, ausschließlich für den internen Markt zu produzieren. Bolivien lebt weiterhin vom freien Handel und der führt dazu, dass unbegrenzt Lebensmittel aus Bolivien exportiert werden können."

Honig soll Zucker ersetzen?

Jetzt da die Zuckerproduktion im Andenstaat für den Eigenbedarf nicht mehr ausreicht, kündigte Evo Morales an, dass die Regierung die Honigproduktion verstärkt fördern wolle. Ein Süßstoffersatz mag dies durchaus sein, doch kaum die Lösung der Lebensmittelknappheit im Land.