Mehrere Tote, viele Verletzte

Blutige Unruhen in Bahrain und Libyen

In Libyen sind seit Dienstagabend bei Zusammenstößen zwischen Gaddafi-Gegnern und der Polizei mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Oppositionelle haben für heute über Facebook zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Auch im Golfstaat Bahrain sind bei neuen Zusammenstößen vier Menschen getötet worden.

Mittagsjournal, 17.02.2011

Nächtlicher Polizeisturm

Es war ein brutaler Angriff um drei Uhr früh. Einige tausend Demonstranten hatten in ihren Zelten auf dem zentral gelegenen "Perlen-Platz" übernachtet, als die Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen das Gelände stürmte, unter den Demonstranten auch zahlreiche Familien. Im nahegelegenen Salmamia-Spital berichten die Ärzte von drei Todesopfern, zwei wurden aus nächster Nähe mit Gummigeschossen getötet. Über hundert Personen wurden verletzt, berichtet ein Arzt des Spitals: "Die meisten Verletzungen sind schwere Kopfverletzungen", sagt Dr Ibrahim, der auch über Angriffe auf Rettungsteams des Spitals berichtet. Stundenlang hätten die Rettungswagen keinen Zugang zum Perlen-Platz bekommen.

Polarisierung statt Beruhigung

Der an der George Town University in Quatar stationierte Politikwissenschaftler Mehran Kamrava spricht von einer Panikreaktion der Regierung in Bahrain. Es handle sich aber um eine schwerwiegende Fehlentscheidung. Die Regierung habe offensichtlich versucht, die Demonstrationen aufzulösen, doch was jetzt daraus resultiere, sei eine Radikalisierung und Polarisierung der Situation, so Kamrava.

"Lange genug an der Macht"

Das bestätigt auch ein Demonstrant, der entschlossen ist, weiter an Demonstrationen teilzunehmen: "Ich habe keine Angst zu sterben oder verletzt zu werden. Ich will nur mein Recht als Mensch. Ich will meine Meinung frei ausdrücken können und meine Regierung wählen können." Am Anfang der Proteste wollten die Leute Reformen, doch jetzt wollen sie das Regime stürzen, sagt der Demonstrant. "Genug ist genug, der Premierminister ist seit 40 Jahren an der Macht, seit 1971, das ist mehr als genug."

Aufgeschaukelte Emotionen

In den Straßen sind Panzer aufgefahren, die Proteste sind vorerst aufgelöst. Die Regierung scheint derzeit entschlossen, die Ruhe mit harter Hand zu wahren. Doch Beobachter bezweifeln, dass das möglich ist. Durch die Ereignisse der Nacht haben sich die Emotionen intensiviert. In Bahrain geht es vor allem um das Gefühl der schiitischen Mehrheit des Landes, von der sunnitischen Herrscherdynastie benachteiligt zu werden.

Der Inselstaat Bahrain gilt als einer der reichen Golfstaaten und hat ein gewähltes Parlament. Der schiitische Parlamentsblock, der 18 von insgesamt 40 Abgeordneten stellt, hat seine Mitarbeit im Parlament wegen der brutalen Unterdrückung der Proteste Anfang der Woche ausgesetzt.

Internet und Handynetz abgeschaltet

Fabio Polly im Mittagsjournal-Gespräch am 17.02.2011 mit Christian Williwald

"Tag des Zorns" in Libyen?

In Libyen hat die Protestbewegung über Internet zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Ob es den tatsächlich gibt, ist von außen schwer abzuschätzen. Das Regime von Muammar al Gaddafi hat vor allem in der Stadt Al-Baidha, einer Hochburg der Opposition, Mobilfunk und Internet gekappt. In der Nacht wurden dort vier Demonstranten erschossen. Auch aus anderen Städten gibt es Meldungen von Zusammenstößen in den vergangenen Tagen. Die Zahl der Toten und Verletzten ist nicht genau bekannt. Jedenfalls haben das Regime selbst als auch Anhänger Gaddafis mobil gemacht. Wie schwer in Libyen an Informationen heranzukommen ist, zeigt auch der Index der Pressefreiheit der "Reporter ohne Grenzen": Dort ist Libyen auf Platz 160 von 178. (Zum Vergleich: Österreich ist auf Platz sieben.)

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