Das China der Mao-Zeit

Kultur der Kulturrevolution

Die Wirtschaftsmacht China ist in aller Munde, was aber die jüngere Geschichte der Volksrepublik betrifft, gibt es mehr Mythen als kritische Aufarbeitung. Die Ausstellung "Kultur der Kulturrevolution" im Wiener Völkerkundemuseum versucht jetzt das China der Mao-Zeit in all ihren Widersprüchen greifbar zu machen.

Mittagsjournal, 17.02.2011

Der Osten ist rot

Der Vorsitzende Mao liebt das Volk, er führt uns, um das neue China aufzubauen. Mit dem Beginn der Kulturrevolution 1966 löste dieses Loblied - "Der Osten ist rot" - sogar die Nationalhymne ab. Mao hatte es erfolgreich geschafft, die Jugend hinter sich zu bringen und in den Roten Garden zu organisieren. Mit dieser Offensive wollte er seine politischen Gegner unschädlich machen und gleichzeitig die Gesellschaft revolutionieren.

Man wollte "alles Ausländische ausmerzen, alles Feudalistische, alles Alte", so Kurator Helmut Opletal zur Stoßrichtung von Maos Kampagne. "Die Roten Garden haben Bücher verbrannt und Tempelstatuen zerschlagen."

Konfuzius und die anderen chinesischen Klassiker wurden ebenso ein Opfer der Flammen wie sämtliche westliche Literatur. Professoren, die im Ausland studiert hatten oder Fremdsprachenkenntnisse besaßen, wurden von ihren Schülern attackiert und nicht selten tot geschlagen.

Überbordender Mao-Kult

Ausmerzen wollte man auch alle religiösen Traditionen. Aus Tempeln wurden Parteizentralen, statt der alten Schutzgötter klebte man jetzt zu Neujahr Bilder von Revolutionshelden an die Türen und dort, wo sich früher der Hausaltar befand, stand jetzt die Mao-Büste.

"Was sich in der Kulturrevolution verändert hat, war, dass dieser Mao-Kult quasi religiösen Charakter angenommen hat und bis in den letzten Winkel des Alltags vorgedrungen ist", sagt Opletal. "Die banalsten Objekte des Alltags - ein Taschenmesser, ein Rasierspiegel, eine Waschschüssel, ein Handtuch - überall sind Mao-Sprüche oder Porträts des großen Führers drauf."

Die Ausstellung zeigt, wie die revolutionären Symbole plötzlich omnipräsent wurden. Wie auf Teekannen plötzlich Modellkommunen auftauchten, und auf Reisschalen Gewehre und Fabriken. Und auf einem Wecker schwenkt eine Rotgardistin ihre Maobibel im Sekundentakt.

Mao, eine "Lichtgestalt"

Mit Maos Tod 1976 endete zwar die Kulturrevolution, eine eingehende Aufarbeitung der Epoche fand danach aber nicht statt. Anfang der 1980er Jahre gab es zwar einmal offizielle Kritik an Mao und seiner Politik, dabei ließ man es aber bewenden, und seitdem ist Mao, abseits von historischen Wirklichkeiten, wieder zum nationalistischen Symbol aufgestiegen.

"Offiziell ist Mao wieder eine Lichtgestalt der chinesischen Revolution, die am Anfang dieses Aufstiegs zu einer neuen, großen Weltmacht steht, und die man nicht anpatzen möchte", so Opletal.

Als einziges Korrektiv wirkt da die chinesische Avantgardekunst, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. Mit Sarkasmus wird da gnadenlos die Inhaltslosigkeit der alten Symbole freigelegt.

Textfassung: Ruth Halle

Service

"Die Kultur der Kulturrevolution. Personenkult und politisches Design im China von Mao Zedong", 18. Februar bis 19. September 2011, Museum für Völkerkunde,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (EUR 2,-).

KHM - Museum für Völkerkunde