Reportagen von Florian Klenk

Früher war das hier das Ende der Welt

Die Zeitungen von gestern sind das Altpapier von heute. Dass es Ausnahmen von diesem Naturgesetz gibt, das beweist mit schöner Regelmäßigkeit Florian Klenk. Seit Ende der 1990er Jahre arbeitet der studierte Jurist für die Wiener Stadtzeitung "Falter". Mit seinen investigativen Reportagen belebt er die heimische Medienlandschaft.

Mittagsjournal, 07.03.2011

Zuletzt hatte der 38-jährige im Dezember 2010 die Telefonüberwachungsprotokolle einer Seilschaft von Lobbyisten und Beratern von Karlheinz Grasser veröffentlicht. Klenks Recherchen über Wiener Frauenhändler waren übrigens die Grundlage für Elfriede Jelineks Stück "Über Tiere". 16 seiner Reportagen hat Florian Klenk jetzt in einem Buch versammelt. Der Titel: "Früher war das hier das Ende der Welt".

Grenzen überschreiten

Prostitution an der tschechischen Grenze, vergessene Flüchtlinge in einem Auffanglager, die Ignoranz der Behörden, Mädchenhandel, Naziattacken und Ausländerhass: Davon erzählt Florian Klenk in seinem Buch "Früher war hier das Ende der Welt". Das Leitmotiv: die Grenze. Und das meint die Grenze des Landes und die Grenze Europas ebenso wie die Grenzen des Anstands oder die Grenze der Wohlstandswelt.

"Dieses Bereisen des eigenen Landes erzählt auch was über die österreichische Gesellschaft", meint Klenk.

"Meine Hingabe gilt einer aufgeklärt offenen und von Rechtsstaatlichkeit geprägten Gesellschaft", schreibt Florian Klenk im Nachwort zu seinem Buch.

Hinschauen und hingehen

"Wir Journalisten haben schnell eine Meinung über die Dinge, aber wir haben erstaunlich wenig Staub auf den Füßen. Wir sehen zwar im Fernsehen jeden Tag wunderbare Reportagen über Tiere im Dschungel, aber wir wissen eigentlich nicht mehr, wie's wirklich in einem Gefängnis aussieht", so Klenk.

Florian Klenk hat genau hingeschaut, nachgefragt und zugehört. Und er hat darüber geschrieben. Ohne moralisierenden Ton und ohne erhobenen Zeigefinger, nüchtern und unprätentiös, plastisch und eindringlich. Wie Mosaiksteine fügen sich die Berichte von Schauplätzen wie Ebensee, der Jugendstrafanstalt Gerasdorf bis hin zu den Elendsquartieren für Afrikaner in Wien zu einem Sittenbild des Landes.

"Es ist natürlich das sogenannte Reporterglück, aber das entsteht nur deshalb, weil man hingeht", findet Klenk.

Das Alltäglich aufdecken

Enthüllungsjournalismus ist für Florian Klenk auch und vor allem das Enthüllen des Alltäglichen: "Es geht ja nicht nur um das Enthüllen von Skandalen - das passiert hin und wieder. Aber das Enthüllen der Missstände, der Sorgen, der Probleme funktioniert ja nicht so, dass der Informant in der Tiefgarage mit dem Aktenkoffer mit den Dokumenten wartet, sondern es ist eigentlich ein sehr mühseliges Bereisen, ein Interviewen, ein Sprechen, ein Vertrauen aufbauen, ein Zusammentragen von Informationen und daraus ein Bild zu entwerfen."

"Man muss Ressourcen bieten, damit wir investigativen Journalismus betreiben können", sagt Florian Klenk. Und noch etwas: "Die viel größere Gefahr ist diese Schere im Kopf, die wir uns selber errichten, weil wir glauben: Aha, da gibt's ein großes Unternehmen und das macht viele Inserate und das schauen wir uns nicht näher an, oder: da gibt's einen Politiker, den Landesfürsten, dem wollen wir nicht zu Leibe rücken. Das ist eine Frage des Rückgrats."

Textfassung: Ruth Halle

Service

Florian Klenk, "Früher war hier das Ende der Welt", Zsolnay Verlag

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