Europa und die Innovativen
Kein Platz für Entrepreneure?
Innovationen und neue Geschäftsideen können prinzipiell aus jedem Land kommen. Trotzdem scheint es so, als ob die meisten Menschen, die im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien Neues entwickeln, in den USA beheimatet seien.
8. April 2017, 21:58
In einem 500 Quadratmeter Loft in einer alten Backsteinfabrik im 5. Wiener Bezirk werden Grundsteine für erfolgreiche Unternehmen im Bereich Web und mobile Anwendungen gelegt. Hier befindet sich der Initial Factor Cluster, ein Verbund von fünf Firmen, die als sogenannte Business Angels oder Inkubatoren für Start Ups agieren wollen.
Eine dieser Firmen ist i5invest, die in den vergangenen Jahren jungen Unternehmen wie Tripwolf, 123people, Mobilizy oder Tupalo bei den ersten Schritten geholfen hat.
Man wolle mit dem Cluster etwas daran ändern, dass Kreative aus Europa in die USA abwandern, weil sie dort mehr Chancen haben, sagt i5invest-Teilhaber Bernhard Lehner. Der Initial Factor Cluster bietet deshalb Beratung, Erfahrungen, ein Netzwerk und tatkräftige Mitarbeit für Start Ups an. Praktischerweise können diese auch gleich im gemeinsamen Büro arbeiten. Derzeit sind dort rund 40 Personen tätig, die zu neun verschiedenen Firmen gehören.
Sogenanntes Risikokapital, das die schwierige Entwicklungs- und Gründungsphase eines Unternehmens finanziert, sei in Europa rar, sagt i5invest-Gründer Markus Wagner. Informationen sind deshalb das wichtigste Kapital dafür, dass aus einer Idee ein erfolgreiches Geschäft wird.
Zugang zu den Fördertöpfen
Dabei kann es auch darum gehen, wo man Förderungen bekommt und wie man sich am besten um diese öffentlichen Gelder bewirbt. In Wien sei das vergleichsweise einfach, sagt Christian Bartik, Prokurist bei ZIT, der Technologieagentur der Stadt Wien. Zu den üblichen Bürozeiten können Menschen mit Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen jederzeit dort anrufen und sich beraten lassen, der Antrag für eine Förderung kann online gestellt werden und sei leicht verständlich, sagt Bartik.
Im Bereich Forschung werden bis zu 500.000 Euro Förderung gewährt, in anderen Bereichen bis zu 250.000 Euro. Neben Förderungen biete das ZIT auch die Vermittlung und Finanzierung von Wissenspartnern für technologische Fragestellungen an, die von kleinen Firmen nicht oder nicht mit vertretbarem Aufwand geklärt werden können, sagt Christian Bartik. Mit dem Schwerpunkt "WienWin" stelle man für die innovativen Firmen auch Kontakt zu potentiellen Kunden im Bereich der Wiener Stadtverwaltung her. Außerdem gibt es günstige
Büroräumlichkeiten und für junge und etablierte Medienunternehmen wird das Mediaquarter Marx errichtet.
Langer Atem gefragt
Auch das Projekt Hercules Film Network – eine virtuelle Filmfabrik, die Filmproduktionen über Crowd Funding finanzieren möchte, wurde vom ZIT gefördert. Roman Tolic, der seit seiner Jugend filmt und Filme produziert, hatte die Idee für dieses Projekt und arbeitet gemeinsam mit einem Netzwerk an Mitstreitern seit sieben Jahren daran.
Das Hercules Film Network hat bereits 600 Beta-Tester und rund 1,4 Millionen Euro investiert. Für den Schritt auf den Markt braucht man noch etwa 2,6 Millionen Euro. Risikokapital ist in Europa jedoch kaum vorhanden für derartige Projekte.
Das Netzwerk war vergangenes Jahr ausgewählt worden, an der Initiative „Go Silicon Valley“ der Wirtschaftskammer Österreich und der Aussenhandelsstelle in Los Angeles teilzunehmen. Roman Tolic hat dort gelernt: Wenn man einen Kooperationspartner aus den USA gewinnen kann, muss man auch dort eine Firma gründen und für längere Zeit dort arbeiten. Das sei es nicht, was er wolle, sagt Roman Tolic. Statt dessen ist er während seines Aufenthalts in Silicon Valley noch mehr zum Europäer geworden und hat gemeinsam mit elf anderen Start Ups aus Europa, die er dort kennengelernt hat, die Initiative "12 Entrepreneurs" gegründet.
12 Entrepreneurs
Die Gruppe 12 Entrepreneurs möchte innovative Firmen im digitalen Bereich miteinander vernetzen, für diese Art von Unternehmen ein Bewusstsein schaffen und bessere rechtliche Rahmenbedingungen für Investoren schaffen.
Sie haben dafür bereits Kontakt zur Europäischen Kommission aufgenommen und sich unter anderem mit dem Coach Harald Katzenschläger zusammengetan, der gerade dabei ist, an der burgenländisch-ungarischen Grenze das Dreamicon-Valley ins Leben zu rufen – eine Art europäisches Silicon Valley für die Verwirklichung von Geschäfts-Träumen.
Die Firma Start Europe, die Mitglied im Initial Factor Cluster im 5. Wiener Bezirk ist, bemüht sich ebenfalls um Vernetzung und Unterstützung von jungen IT-Unternehmen und möchte Studenten anregen, Ideen zu entwickeln und Firmen zu gründen. Der Cluster plant für Oktober eine Startup Week, um Leute mit Ideen und Leute mit Geld zusammenzubringen. Flo Clucas, Präsidentin der Gruppe der Liberalen und Demokraten im Komitee der Regionen der EU, fordert, dass Menschen mit Geld endlich die Entrepreneurs in Europa unterstützen sollten, statt immer nur nach risikolosen Möglichkeiten zu suchen, die möglichst viel Geld abwerfen, aber keine Arbeitsplätze und kein wirtschaftliches Wachstum schaffen.
Service
i5invest
Technologieagentur der Stadt Wien
Start Europe
Hercules Film Network
DreamAcademia - Aufbau eines "Dreamicon-Valley" im Burgenland