Ermittlung in Brüssel stockt
Hausdurchsuchung bei Strasser
In der Affäre um Ex-Innenminister Ernst Strasser hat es am Montag an mehreren Orten in Österreich Hausdurchsuchungen gegeben. Das bestätigt die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien, die gegen Strasser wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Die EU-Betrugsbekämpfer von OLAF stoßen hingegen auf rechtliche Hürden.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.03.2011
Beweise und Einvernahme
Gesichert wurde umfangreiches Beweismaterial, auch Urkunden und Datenträger. Der zuständige Korruptionsstaatsanwalt prüft das Material. Auch Ernst Strasser selbst ist bereits am Montag einvernommen worden und hat seine Sicht der Dinge ausführlich dargelegt.
Geldfluss nicht nötig
Bereits wenn man Geld fordert oder es sich versprechen lässt, ist der Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllt, heißt es in der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Hierfür muss kein Geld geflossen sein.
Ernst Strasser weist sämtliche Vorwürfe zurück. Sein Argument: Er habe seine vermeintlichen Geschäftspartner enttarnen wollen. Die entsprechenden Beweisunterlagen habe er erst Anfang März erhalten, er sei aber nicht mehr dazu gekommen, das Material der Staatspolizei zu übergeben. Nun ermittelt der Staatsanwalt - allerdings gegen Strasser selbst.
Neue Fälle in Brüssel
Cornelia Primosch berichtet für das Ö1 Mittagsjournal am 29.3.2011
Kein Zutritt für OLAF
Im EU-Parlament stocken unterdessen die Ermittlungen der europäischen Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen. Vor verschlossenen, versiegelten Türen stehen die Betrugsbekämpfer von OLAF. Seit Tagen verweigert die EU-Parlamentsdirektion den Ermittlern den Zutritt zu den Büros von Ernst Strasser und den anderen EU-Abgeordneten, denen Bestechlichkeit vorgeworfen wird.
Zuständig oder nicht?
Nach Ansicht des EU-Parlaments sind die europäischen Betrugsbekämpfer schlicht nicht zuständig, denn trotz aller Vorwürfe hätten Ernst Strasser, Zoran Thaler und Adrian Severin kein EU-Geld missbräuchlich verwendet. OLAF hingegen besteht darauf, in dieser Korruptionsaffäre tätig zu werden - immerhin könnte gegen die betroffenen EU-Abgeordneten ein strafrechtliches Verfahren eröffnet werden. Um die Streitereien um die Zuständigkeit abzukürzen, schlägt die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International vor, dass sich die belgische Staatsanwaltschaft einschalten solle. Immerhin seien die meisten mutmaßlichen Strafvergehen unter belgischer Gerichtsbarkeit begangenen worden.
Härtere Strafen gefordert
Gleichzeitig aber will EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek keinen Zweifel aufkommen lassen, die Ermittlungen gar zu verzögern: "Die Verwaltung des Parlaments bemüht sich zurzeit, alle Fakten zu ermitteln. Wir müssen unseren internen Verhaltenskodex stärken, wozu auch härtere interne Strafen gehören", so Buzek.
Weitere Verdachtsfälle
Doch es werden ständig neue Details bekannt. Denn seit Sonntag stehen nun vier EU-Abgeordnete unter Verdacht, bereit gewesen zu sein, Gesetzesänderungen im Parlament einzubringen und dafür Geld anzunehmen. Der spanische Abgeordnete Pablo Zalba Bidgain von der europäischen Volkspartei, kurz EPP, soll ebenso in die Falle der Sunday-Times-Reporter getappt sein. Sein Rücktritt aber steht nicht zur Debatte. Pablo Zalba Bidegain wehrt sich juristisch gegen die Vorwürfe. Deshalb stellt sich seine Parteifamilie hinter ihren Abgeordneten, wie der Sprecher des EPP-Fraktionsvorsitzenden Joseph Daul erklärte.
Nicht nur Christdemokraten
Im Gegensatz zu Ernst Strasser, der zurückgetreten sei, lege der spanische Abgeordnete Rechtsmittel ein - ein Zeichen möglicher Unschuld. Und solange Pablo Zalba Bidegain Bestechlickeit nicht nachgewiesen wurde, stehe die Europäische Volkspartei hinter ihm. Die beiden anderen Abgeordneten waren übrigens von den Europäischen Sozialdemokraten.