Orhan Pamuk auf Lesereise
Cevdet und seine Söhne
Eine Neuerscheinung in deutscher Sprache stellt der türkische Autor und Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk derzeit auf Lesereise im deutschsprachigen Raum vor. Das Buch ist eigentlich nicht neu, es ist sogar das allererste Werk, das Pamuk veröffentlicht hat. Auf Deutsch war "Cevdet und seine Söhne" aus dem Jahr 1978 bisher nicht zugänglich.
8. April 2017, 21:58
In Berlin hat der Autor, der immer wieder auch für politisches Aufsehen sorgt, aus seinem Werk gelesen.
Kultur aktuell, 30.03.2011
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Große Fangemeinde in Berlin
Das Renaissancetheater in Berlin ist bis auf den letzten Platz besetzt. Als die Signiersunde mit Orhan Pamuk beginnt, bildet sich eine Schlange von Literaturfreunden mit Büchern im Arm, die bis weit ins Foyer zurückreicht.
Korrekte Aussprache sei nicht seine Stärke, sagt der Autor, für den Rest des Abends werden Orhan Pamuks Worte auf der Bühne aus dem Türkischen übersetzt. Pamuk hat hier eine treue Lesergemeinde, und dazu hätte es nicht erst des Nobelpreises bedurft, der seinen Ruhm noch weitere Kreise ziehen ließ.
Romanerstling mit großem historischen Bogen
Orhan Pamuk präsentiert hier in Berlin die erstmals auf Deutsch erscheine Ausgabe seines Erstlingswerks, geschrieben im Jahr 1978. "Cevdet und seine Söhne" ist eine Familienchronik, erzählt vor dem Hintergrund dramatischer Umwälzungen während des 20. Jahrhundert, beginnend mit der Geschichte eines jungen Aufsteigers noch im osmanische Reich, dann weiter in die Zeit des Staatschefs Kemal Atatürk, in der den Türken die arabische Schrift, der gewohnte Kalender und sogar die traditionelle Kleidung im Zeichen druckvoller Europäisierung abgenommen wurde, bis hin zum Pendeln zwischen militärischer und ziviler Herrschaft in der Türkei in den späteren Jahren des letzten Jahrhunderts.
Immer wieder ist das Verhältnis der Türkei und der Türken zum westlichen Europa und die Einstellung der Schichten, die von Atatürks Westorientierung profitierten ein wichtiges Thema.
Mit freimütig vorgetragenen poltischen Ansichten hat sich Orhan Pamuk auch Feinde gemacht. Bis heute läuft eine Auseinandersetzung um Äußerungen zur Verfolgung der Armenier im letzten Jahrhundert unter türkischer Herrschaft, die ihn wegen angeblicher Herabwürdigung des Türkentums vor Gericht brachte. Aber in einem Punkt weiß sich Pamuk mit den türkischen Eliten eins. Er unterstützt einen Beitritt der Türkei zur EU.