Erleichterung und Skepsis

Gemischtes Echo auf Ortstafel-Kompromiss

Historischer Durchbruch oder doch nur ein neuer Anlauf? 56 Jahre nach dem Staatsvertrag haben sich Bund, Land und Volksgruppen-Vertreter auf eine Lösung für die Kärntner Ortstafelfrage geeinigt. Die politischen Reaktionen sind gemischt, die Reaktion der Justiz ist vorsichtig positiv.

Mittagsjournal, 02.04.2011

Zweidrittel-Mehrheit nötig

Geht es nach den Verhandlern Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) soll der historische Kompromiss, der einen jahrzehntelangen hitzigen Streit in Kärnten beenden könnte, noch vor der Sommerpause mit Zweidrittel-Mehrheit als Verfassungsgesetz im Parlament beschlossen werden und ab September in Kraft treten.

Höchstrichter zurückhaltend

Beim Verfassungsgerichtshof reagiert man auf den Kompromissvorschlag vor einem Parlamentsbeschluss zurückhaltend. Nur so viel: "Wenn die zahlreichen Entscheidungen, die der VFGH zur Ortstafelfrage getroffen hat, in dem Vorschlag beinhaltet sind, dann ist das ein erfreulicher Schritt", sagt Sprecher Christian Neuwirt.

Politische Reaktionen gemischt

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) spricht von einem entscheidenden Schritt nach jahrzehntelanger Debatte. "Es hat sich wieder gezeigt, dass der traditionelle österreichische Weg des aufeinander Zugehens zum Ziel führt und nicht Vorurteile oder Hetze", so Faymann. ÖVP-Minderheitensprecher Oswald Klikovits begrüßt eine mögliche Lösung: "Was lange währt, wird endlich gut", schreibt Klikovits in einer Aussendung.

Grüne und BZÖ skeptisch

Bei den Grünen hingegen reagiert man skeptisch: Das Ergebnis liege deutlich unter den Vorgaben des Höchstgerichtes, sagt Minderheitensprecher Wolfgang Zinggl. Aus seiner Sicht fehlt auch die Zustimmung aller Betroffenen. Beim BZÖ bemängelt man, dass Details noch nicht auf dem Tisch sind: "In Wahrheit ist derzeit noch nichts endgültig entschieden", sagt der Kärntner BZÖ-Obmann Sigisbert Dolinschek.

Der Kompromiss

In Orten mit mehr als 17,5 Prozent slowenisch-sprachiger Bevölkerung sollen künftig zweisprachige Ortstafeln aufgestellt werde. So lautet der Kompromiss, der Samstagnacht von den politischen Verhandlern und den Vertretern der Volksgruppe präsentiert worden ist. Als Basis für die Feststellung des Slowenen-Anteils in den jeweiligen Gemeinden soll die Volkszählung von 2001 herangezogen werden. Das würde heißen, dass in 150 bis 160 Kärntner Orten Tafeln in deutscher und slowenischer Sprache aufgestellt werden. Allerdings hat sich zumindest der Obmann des Rates der Kärntner Slowenen eher zurückhaltend geäußert. Er will ihn erst den Gremien vorlegen.