Südafrika wird im Club fünftes Schwellenland

Aus BRIC wird BRICS

In der chinesischen Stadt Sanya tagt der Gipfel der BRIC-Länder - Brasilien, Russland, Indien und China. Sie sind alle in ihrer jeweiligen Region ein wirtschaftliches Schwergewicht, noch dazu mit beträchtlichem Entwicklungspotenzial. Das Akronym ändert sich ab sofort in BRICS. Das S steht für Südafrika, das als fünfter Partner in den Schwellenländerklub aufgenommen wird.

Mittagsjournal, 14.04.2011

Südafrika mit im Boot,

Kleinster Juniorpartner

Man sieht es am breiten Strahlen auf dem Gesicht von Präsident Jacob Zuma, dass er zufrieden ist. Nicht das wirtschaftlich brillante Südkorea wurde nach Sanya eingeladen, nicht die Türkei oder Mexiko, obwohl diese alle ein dreimal so hohes Bruttoinlandprodukt vorweisen können, sondern Südafrika. Das Kapland ist nun Juniorpartner im doppelten Sinne: das jüngste Klubmitglied und auch das nach Wirtschaftskraft, Zukunftspotenzial und Bevölkerungsgröße kleinste.

Afrikanischer Player

Von Augenhöhe mit den anderen vier Schwellengiganten kann keine Rede sein. Aber Südafrika hat etwas, woran diese interessiert sind: Erfahrungen auf dem afrikanischen Kontinent mit einer Milliarde völlig unterversorgter Menschen, wo alles gebraucht wird, ob Kraftwerke oder Industriebetriebe, Konsumgüter oder Ausrüstungen, Flugzeuge oder Autos. Und: Afrika ist reich an Rohstoffen, die die anderen für ihren weiteren Aufschwung benötigen. Südafrika kennt nicht nur die Spielregeln hier, sondern ist auf dem Kontinent auch politisch einflussreich. Und seine Unternehmen und Banken sind längst da, wo die anderen vier sich gerne stärker engagieren wollen. So wird Südafrika gebraucht - und hofft auch von mehr Handel und gegenseitigen Investitionen zu profitieren.

Aufschwung unaufhaltbar

Die BRIC-Staaten werden nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds in den kommenden drei Jahren 61 Prozent des weltweiten Wachstums bringen. Obwohl Südafrika noch immer den Großteil seines Warenaustausches mit Europa und den USA betreibt, nimmt der Anteil vor allem von China und Indien jedes Jahr überdurchschnittlich zu. Und in einem Jahrzehnt, so errechneten Experten, werden die BRICS-Länder gemeinsam die Wirtschaftskraft der USA erreichen. Damit bekommen sie nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch einen beträchtlichen Stellenwert. Und, daher auch das BRIC-Interesse an Südafrika, sie schließen dann auch Afrika mit ein und können vor allem in der UNO und bei der Welthandelskonferenz als Interessenvertreter von Schwellen- und Entwicklungsländern gegen den alten Machtblock der Industriestaaten auftreten.

Gemeinsamkeiten noch gesucht

Es wird daher interessant werden, wie weit sich die fünf Staaten auf ihrem Gipfel in Sanya auf eine feste Organisationsstruktur, auf eine gemeinsame Strategie und klare Ziele verständigen, um in Zukunft als ein neuer wirtschaftlicher und zunehmend auch politischer Interessen-Block aufzutreten und etwas durchzusetzen.

An der Spitze China

China ist wirtschaftlich und politisch klar das mächtigste Mitglied im Club der Brics-Staaten. Und gleichzeitig auch das Umstrittenste. Chinas Exporte nach Brasilien haben die dortige Schuh-Industrie dezimiert. Südafrikas Textilbranche leidet ebenfalls unter Billigimporten aus China. Mit Russland streitet China über den Preis der Ölimporte. Und mit Indien vor allem auch um politischen Einfluss in der Region. Trotzdem: die mit Südafrika nunmehr fünf Staaten im Brics-Club eint auch so manches.

Mittagsjournal, 14.04.2011

Aus Peking,

Neues Gegengewicht

Allesamt sind sie große Schwellenländer mit zumeist robusten Wachstumsraten während die traditionell reichen Länder stagnieren. Und die Brics-Staaten wollen Gegengewicht sein zur globalen Dominanz des Westens. Politisch etwa bei Fragen der Klimapolitik oder internationaler Militäraktionen. Wirtschaftlich wenn es um Welthandel oder Währungspolitik geht. Die rohe Statistik ist beeindruckend. 45% der weltweiten Bevölkerung, 40% des Wachstums, 18 Prozent des Welthandels und knapp ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung entfallen auf die fünf Länder. Der Gastgeber, Chinas Präsident Hu Jintao, fordert heute eine stärkere Zusammenarbeit der fünf Länder. „Man teile die Überzeugung, dass man auf den Gebieten des Handels, des wissenschaftlichen Austausches, der Reform der Finanzinstitutionen besser kooperieren müsse. Unsere Länder, so Hu Jintao müssen eine stärkere Stimme und international mehr Gewicht bekommen.“

Peking erstarkt

Chinas eigenes Selbstbewusstsein ist nicht zuletzt durch die globale Finanzkrise, die man hierzulande recht unbeschadet überstanden hat, gewachsen. Immer gereizter reagiert man in Peking auf die angebliche Bevormundung und Einmischung aus dem Westen. Und darunter versteht man praktisch jede Form offener Kritik. Längst hat sich auch die Einsicht durchgesetzt, dass neue Märkte zu erschließen sind, da die traditionellen Exportmärkte in Europa und den USA schwächeln. Außerdem ist das energiehungrige China immer stärker auf Rohstoffimporte angewiesen. Und hier haben Brasilien, Russland und nicht zuletzt afrikanische Länder viel zu bieten. Es ist vor allem Chinas schon bekannter Pragmatismus, der hier vielleicht eine echte neue Allianz entstehen lässt.