Test wird härter
Mehr Stress für Europas Banken
In Europa werden die Banken derzeit wieder einem Belastungstest unterzogen - dem "Stresstest". Nach Kritik im Vorjahr fällt der Test dieses Jahr strenger aus. Wirtschaftsprofessor Stefan Pichler verteidigt den Stresstest als sinnvolle Übung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.04.2011
Keine Aussagen für einzelne Banken
Im Vorjahr hat es Kritik am Bankenstresstest gegeben. Denn zwei irische Banken haben den Test bestanden, kurz danach mussten sie aber mit Steuergeld gerettet werden. Für Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien ist das kein Widerspruch - denn mit dem Test versuche man herauszufinden, ob das europäische Bankensystem insgesamt stabil genug ist, um eine neuerliche Krise zu überstehen. Deswegen könne man auch nicht sagen, der Test im Vorjahr sei schlecht gewesen, er habe nur eine andere Zielsetzung gehabt.
Der Stresstest bildet die Wahrscheinlichkeit einer europaweiten Bankenkrise ab. Daher kann es sein, dass einzelne Ländern oder Banken den Stresstest bestehen und dennoch Krisenphänomene auftreten, so Stefan Pichler. Der heurige Test soll dennoch unter härteren Bedingungen ablaufen.
Neue Bankenaufsicht verschärft Kriterien
Die neue europäische Bankenaufsicht European Banking Authority (EBA) in London hat einige Kriterien für die Banken verschärft, zum Beispiel müssen sie noch strengere Kriterien erfüllen, was das Eigenkapital angeht. Der Test heuer sei umfangreicher, meint Wirtschaftsprofessor Pichler, und könne genauere Aussagen darüber treffen, wie wahrscheinlich das Eintreten einer europaweiten Bankenkrise ist. Doch auch dieser Test werde eine neuerliche Bankenkrise nicht vollkommen ausschließen können.
Neue Ursachen nicht abgedeckt
Dennoch liefere der Bankenstresstest sehr viele wichtige Informationen. Er könne vor allem die Wahrscheinlichkeit einer Krise reduzieren, die nach einem ähnlichen Muster der jetzigen Bankenkrise abläuft. "Aber wenn es Bankenkrisen geben sollte, die ganz neue Ursachen haben, wird dieser Stresstest wenig helfen", warnt Stefan Pichler.
Erwartungen zu hoch
Dass es auch beim heurigen Test um das Bankensystem insgesamt geht und weniger um die Beurteilung der einzelnen Banken, wird laut Professor Pichler in der Öffentlichkeit zu wenig erklärt. Die öffentliche Erwartung an den Stresstest sei zu hoch und viele Beobachter sähen einen bestandenen Stresstest als Art Beruhigungspille. Dabei werde vergessen, dass der Stresstest nur danach fragt, wie groß das systemische Risiko einer Bankenkrise ist, sagt Pichler.
Insgesamt werden 90 europäische Banken getestet, in Österreich sind Raiffeisen, Erste Bank und die Volksbanken dabei. Das Ergebnis soll Mitte Juni veröffentlicht werden.