Wirtschaft könnte leicht wachsen

Steuerhinterziehung: Einnahmen fehlen

110 Milliarden Euro wurden Griechenland als Kredit zugesagt, wenn die Regierung spart und alles tut, um die Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen. Ein Jahr später lahmt die Wirtschaft immer noch und viele alte Probleme bleiben ungelöst, wie zum Beispiel das griechische Kavaliersdelikt Steuerhinterziehung.

Morgenjournal, 23.04.2011

Miserable Stimmung

Das griechische Sparprogramm hat tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen, sagt Jens Bastian, ein deutscher Ökonom bei der griechischen Stiftung ELIAP für Außenpolitik. "Und die Stimmung in Griechenland ist schlecht - ehr grau mit Tendenz zu schwarz." Gehälter wurden gekürzt, Steuern angehoben, jeden Monat müssen die Griechen überlegen wie sie unter den neuen Bedingungen über die Runden kommen, sagt Bastian. Die Arbeitslosigkeit ist auf über 15 Prozent gestiegen. Keine gute Voraussetzung um die Wirtschaft wieder auf die Beine zu bringen: Der Konsum liegt am Boden.

Steuern zahlen - warum gerade jetzt?

Zudem ist ein Grundproblem der griechischen Wirtschaft noch immer nicht gelöst, sagt Bastian, nämlich das der Steuerhinterziehung. Dem Staat entgehen also weiterhin jährlich Millionen Euro, die er dringend bräuchte um Schulden zu bezahlen. Das sei nämlich eine Mentalitätsfrage, die nicht in einem Jahr zu lösen sei. Im Gegenteil, jetzt wo das Geld knapp wird, suchen viele Menschen eher noch mehr nach Möglichkeiten, am Fiskus vorbei Geld zu verdienen. Man riskiere das alte System zu zementieren. "Und wenn Griechenland auf der Einnahmenseite keine Fortschritte erzielen kann, dann hilft alles Sparen nicht. Dann wird am Ende die Reißleine gezogen werden müssen." Was das bedeutet ist noch offen, viel ist von Umschuldung die Rede.

"Gelbe Karte" droht

Im Juni muss die griechische Regierung der EU und dem Internationalen Währungsfonds wieder neue Fortschritte beim Sparprogramm vorweisen. Und die Chancen sind gering, dass diese Evaluierung positiv ausfällt. "Griechenland könnte dann eine ernste Warnung, eine Art gelbe Karte bekommen."

Wenn Griechenland seine Schulden nicht ganz oder später zurück zahlen sollte, würden die EU und der IWF ihr Geld trotzdem sicher bekommen. Andere Gläubiger wie deutsche oder französische Banken hätten das Nachsehen.

Bastian rechnet auch damit dass das Defizit wie in den vorigen Jahren auch heuer wieder höher ausfallen könnte als erwartet - wegen der zu geringen Steuereinahmen.

Wieder leichtes Wachstum?

Trotzdem könnte das Schlimmste heuer überstanden sein, die Wirtschaft könnte nach drei Jahren Rezession gegen Jahresende erstmals wieder etwas wachsen, sagt Bastian. Die Exporte, der Tourismus, die Schifffahrt und die Geschäfte mit der Türkei bringen wieder Geld ins Land. Ob das genug ist, dass Griechenland sich aus der Schuldenfalle kämpft, bleibt offen.