Lernen, Pendeln, Ausbilden
Offener Arbeitsmarkt als Chance
Österreichs Nachbarländer werden auf den ab 1. Mai geöffneten Arbeitsmarkt unterschiedlich reagieren: Slowenien sorgt sich um seine Fachkräfte, Tschechien sieht eine Chance zu lernen und konkurrenzfähiger zu werden, die Slowakei erwartet die Fortsetzung der Pendler-Tradition und Ungarn rechnet mit keinerlei Auswanderung.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 27.04.2011
Begegnung auf der Donau
Ab 1. Mai sitzen wir in einem Boot - das war wohl die Idee des Chefs des Arbeitsmarktservice, Herbert Buchinger, als er seine Kollegen aus den jüngeren EU-Nachbarländern nach Wien eingeladen hat. An Bord des Donauschiffes Admiral Tegetthoff erzählten sie von ihren Erwartungen: Am 1. Mai fallen die Schranken am Arbeitsmarkt.
Wettbewerb um Fachkräfte
Aus Slowenien werden in erster Linie Pendler aus den Grenzregionen in Österreich Arbeit suchen, sagt Lucka Zizek, Generaldirektorin der slowenischen Arbeitsmarktverwaltung: "Die Slowenen sind nicht sehr mobil. Trotzdem müssen wir uns bemühen, die begehrten Fachkräfte im Land zu halten." Geplant ist unter anderem eine Ausbildungsoffensive für die Jugend.
Ungarn sind erst zurückgekehrt
Auch ihr ungarischer Kollege Róbert Kómáromi rechnet nicht mit einer großen Auswanderungswelle: Einige Ungarn seien bereits nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 nach Österreich gegangen - manche seien inzwischen wieder in die Heimat zurückgekehrt. "Die Ungarn sind überhaupt die am wenigsten Auswanderungsfreudigen unter den 2004 beigetretenen EU-Ländern."
Tschechien: Chance zu lernen
Für Stefan Duhán von der tschechischen Arbeitsmarktverwaltung bringt der 1. Mai vor allem eine psychologisch wichtige Veränderung: "Mit dem freien Arbeitsmarkt fallen die letzten Barrieren in den Köpfen der Menschen, die Tschechen werden sich dann absolut frei fühlen." Die Zahl der Tschechen, die in Österreich arbeiten, werde dadurch aber nicht deutlich steigen. "Doch vor allem junge Leute bekommen so die Gelegenheit, beim Nachbarn etwas dazu zu lernen. Das wird beiden Seiten nützen und letztendlich auch die Konkurrenzfähigkeit der gesamten EU in der Welt stärken", ist der tschechische Arbeitsmarktverwaltungschef überzeugt.
Slowaken: Pendler aus Tradition
Am höchsten ist die Bereitschaft, nach Österreich arbeiten zu kommen, in der Slowakei. Das habe Tradition, stellt Ivan Jurás von der slowakischen Arbeitsmarktverwaltung fest: "Schon meine Großmutter hat mir erzählt, dass man früher sogar mit der Straßenbahn von Bratislava nach Wien fahren konnte." Auch jetzt ist es vor allem in der Grenzregion verlockend, nach Österreich zu pendeln: Das Durchschnittseinkommen in der Slowakei beträgt nur 40 Prozent von jenem in Österreich, sagt Jurás. Er erwartet, dass die meisten Pendler wieder ins Land zurückkommen und mit ihrem Erfahrungen der Slowakei nützen können.
Qualifikation entscheidet
Schon jetzt habe die gesamte Region von der EU-Erweiterung profitiert, stellt AMS-Chef Herbert Buchinger fest. Das AMS werde Ausbildungsangebote für niedrig qualifizierte Menschen verstärken, kündigte Buchinger an.