Nach Tierschützer-Freisprüchen
Diskussion um "Mafia-Paragrafen"
Nach den nicht rechtskräftigen Freisprüchen im Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess fordern Menschenrechts- und Umweltorganisationen die Änderung oder Abschaffung des "Mafiaparagrafen", nach dem die Tierschützer angeklagt worden sind. Demnach macht man sich bereits strafbar, wenn man "Mitglied einer kriminellen Organisation" ist - konkrete Straftaten müssen nicht nachgewiesen werden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 03.05.2011
AI-Patzelt: Sofort abschaffen
Der "Mafiaparagraf" gefährde das Engagement kritischer Gruppen: Dazu zählten Umwelt- und Tierschützer ebenso wie Menschenrechtsorganisationen, sagt Heinz Patzelt von Amnesty international. Dieser Paragraf sei dazu geeignet, Existenzen und Organisationen zu vernichten, "das darf keine Sekunde weiter bestehen". Konkret müsse der "Mafiaparagraf" genauer formuliert werden, damit er nicht missbräuchlich gegen NGOs eingesetzt werden könne, sagt Patzelt. Ein zentrales Element von Waffen-, Drogen- und Menschenhandel sei die Bereicherungsabsicht, die in einer derartigen Bestimmung enthalten sein müsse.
Experte: Geltung einschränken
Auch der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs hält es für notwendig, den "Mafiaparagrafen" einzuschränken, und zwar auf Vereinigungen, die einen finanziellen Vorteil anstreben. Allerdings könne man die Bestimmung nicht gänzlich abschaffen, weil Österreich durch internationale Vereinbarungen rechtlich gebunden sei.
Frage der Interpretation?
Keinen Änderungsbedarf sieht hingegen Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Er sagt, bei korrekter Anwendung "des Mafiaparagrafen" sehe er keine Schwierigkeiten. Ein Problem könnte allenfalls sein, dass solche Bestimmungen zu bedenkenlos angewendet werden, so Mayer.
Ministerium prüft
Im Justizministerium wird eine Änderung des umstrittenen Paragrafen derzeit jedenfalls ernsthaft geprüft: insbesondere die Frage, ob die Bestimmung nicht allzu unbestimmt gefasst ist. Die Gewinnerzielungsabsicht könnte durchaus in das Gesetz eingebaut werden, heißt es im Justizministerium.