Debatte um Kostenersatz nach Freispruch
Anwälte: Staat soll mehr zahlen
Es dürfe nicht sein, dass man nach einem Freispruch nur einen ganz geringen Anteil seiner Verteidigungskosten ersetzt bekommt. Das sagen jetzt nach der Gewerkschaft der Richter- und Staatsanwälte auch die Anwaltskammern. Anlass für die Diskussion ist der Tierschützerprozess, nach dem Ex-Angeklagte ihre extrem hohen Anwaltskosten vom Staat nicht ersetzt bekommen werden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 06.05.2011
Normierte Höchstgrenzen
Wer etwas verbrochen hat, zahlt sich seinen Anwalt selbst - dieses Prinzip ist unumstritten. Aber auch wer nichts verbrochen hat, zahlt - so sieht es jedenfalls die Gesetzeslage im demokratischen Rechtsstaat Österreich vor. Um genau zu sein: Ein bisschen was bekommt man im Falle eines Freispruch schon zurück: Maximal 5.000 Euro nach einem Geschworenenverfahren, maximal 2.500 Euro nach einem Schöffenverfahren, maximal 1.250 nach einem Einzelrichterverfahren, und maximal 450 Euro Verteidigerkostenersatz nach einem Freispruch vor dem Bezirksgericht. Und selbst diese Beträge werden in "voller Höhe" nur ausbezahlt, wenn das Verfahren zwei Instanzen umfasst hat, bei einem Freispruch in erster Instanz sind es noch weniger. Entschieden wird vom jeweiligen Gericht, das sich eben an die in der Strafprozessordnung normierte Höchstgrenze halten muss.
"Unbefriedigend und uneinsehbar"
Der Präsident der Salzburger Anwaltskammer, Leopold Hirsch sagt: "Diese Regelung in der derzeitigen Form in unbefriedigend. Für den einzelnen Staatsbürger, die einzelne Staatsbürgerin ist es nicht einsehbar, dass er sich auf diese mickrigen Beträge beschränken lassen muss. Da ist der Gesetzgeber glaube ich dringend gefordert, die Höchstbeträge zu erhöhen."
Hilfe nur für wirklich Arme
Arme Angeklagte bleiben allerdings nicht auf Anwaltskosten sitzen, sie bekommen schon zu Prozessbeginn einen "Verfahrenshilfeverteidiger". Das ist ein Rechtsanwalt, der letztlich von der Rechtsanwaltskammer beigestellt wird und vom Angeklagten nicht zu entlohnen ist. Die Voraussetzung für die Beistellung einer Verfahrenshilfe ist im Gesetz recht ungenau geregelt: Etwas verkürzt ausgedrückt, bekommt sie der Beschuldigte dann, wenn er und seine Familie sich sonst nicht einmal mehr eine "einfache Lebensführung" leisten können. Wann die einfache Lebensführung im Konkreten unmöglich wird, entscheidet das Gericht. Mit anderen Worten, schon für den - nennen wir ihn - "kleinen Mittelständler", ist schon nichts mehr drin: Er "schwitzt" vor Gericht und zahlt auch noch dafür.
Zu teuer fürs Budget?
"Ändern wir die Regelung", verlangt der Linzer Anwalt Wolfgang Moringer, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Strafrecht des österreichischen Rechtsanwaltskammertages, und lässt den Einwand, das alles sei zu teuer fürs Staatsbudget, nicht gelten: "Ich kann keine Schätzungen vornehmen, wie groß der Aufwand wäre, da mir keine Zahlen über die Anzahl der Freisprüche zur Verfügung stehen. Es kann aber keine so unendliche Belastung des Budgets darstellen. Wenn ich den Vergleich mit dem Bankenpaket mache, dann geht das mit Sicherheit völlig unter."