Verfahrene Situation

Wehrpflicht: Koalitionsrunde tagt

Vor dem Ministerrat trifft sich eine Verhandlungsrunde der Koalition neuerlich, um Auswege aus dem Wehrpflichtstreit zu suchen. Die Chancen sind gering. Der Karren ist verfahren. Die SPÖ will auf ein Freiwilligenheer umstellen und die Wehrpflicht abschaffen, die ÖVP das Heer reformieren, aber die Wehrpflicht beibehalten. Kompromisse scheinen schwierig.

Analyse von Klaus Webhofer

Morgenjournal, 10.05.2011

Sand im Getriebe

Die Sache läuft definitiv nicht so, wie es sich die SPÖ zu Beginn der Debatte vor einem halben Jahr vorgestellt hat. Damals schien alles ein Selbstläufer zu sein, die Abschaffung der Wehrpflicht war recht populär, und die SPÖ stellte sich an, die Ernte einzufahren. Doch dann kam Sand ins Getriebe, auch durch strategische Fehler des Verteidigungsministers, der nach einer 180-Grad Wendung, je nach Bedarf Modelle rechnen ließ, und zuließ, dass ein aufmüpfiger Generalstabschef zum Märtyrer aufsteigen konnte.

Auch SPÖ uneinig

Die gute Stimmung war perdu, das Heeresbudget wurde in der Zwischenzeit auch gekürzt, der Bundespräsident leistet hinhaltenden Widerstand, die ÖVP sowieso und auch innerhalb der SPÖ gibt es keineswegs nur Freunde eines Freiwilligenheeres. Hinzu kommt noch, dass andere Staaten auch nicht gerade als leuchtenden Vorbilder dienen. Zum Beispiel Deutschland, wo die Bundeswehr nach Aussetzung der Wehrpflicht ziemliche Schwierigkeiten hat, Freiwillige zu finden.

Linien und Modelle

Dabei muss man Verteidigungsminister Darabos zumindest zu Gute halten, dass er inzwischen eine klare Linie verfolgt: Wehrpflicht abschaffen, koste es was es wolle, und wenn das mit der ÖVP nicht zu machen ist, dann Entscheidung eben durch eine Volksbefragung. Mit einer klaren Linie tat sich die ÖVP von Beginn an schwer. Gegenmodelle wurden angekündigt, aber nie vorgelegt. Inzwischen wird die Linie vertreten, das Bundesheer wohl reformieren zu wollen, aber unter Beibehaltung einer ebenfalls reformierten Wehrpflicht.

Es wird weiter taktiert

Und die Volksbefragung als letzter koalitionärer Ausweg aus dem Schlamassel? Unter Josef Pröll war das noch eine Option, aber inzwischen dürfte sich die ÖVP intern tatsächlich gegen eine Volksbefragung festgelegt haben. Mit dem Hintergedanken, dass die SPÖ diese allein nicht beschließen kann, ohne das Koalitionsübereinkommen zu brechen. Allerdings, ein klares Nein zu einer Volksbefragung ist ÖVP-Chef Spindelegger - wohl um manche Medien nicht zu verärgern - auch noch nicht über die Lippen gekommen. Und so wird eben weiter taktiert, in einer höchst verfahrenen Angelegenheit.

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