EU-Ratspräsident in China

"China kauft europäische Zurückhaltung"

Beim Besuch des Ratspräsidenten der europäischen Union, Hermann van Rompuy, in China gibt es eine lange Liste an strittigen Themen: von Menschenrechts- bis zu Wirtschaftsfragen. Nachdem China Milliarden in EU-Schuldenpapiere investiert, wird es für Europa schwieriger offene Kritik an China zu üben.

Mittagsjournal, 16.05.2011

Europa braucht Chinas Investionen

Griechenland hat seinen Gläubigern versprochen, 50 Milliarden Euro allein durch Privatisierungen einzunehmen. Doch irgendjemand muss die griechischen Staatsbetriebe auch kaufen. Und da schielt man gerne nach China.

Griechenland ist kein Einzelfall. Auch Banken in Spanien brauchen Geld. Und überhaupt hofft man in Europa, dass China noch stärker als bisher europäische Staatsanleihen – sprich Schulden – aufkauft.

China erwartet mehr Zurückhaltung

Die Verantwortlichen in Peking wollen in den vergangenen Monaten solche Staatsanleihen in großem Stil gekauft haben, sagen aber nicht wie viel. Dass man mit EU-Vertretern längst aus einer Position der Stärke heraus verhandeln kann.

Das wissen die chinesischen Machthaber nur zu gut. Europa braucht von China Geld. Daher soll es doch bitte bei anderen strittigen Themen etwas leiser auftreten, ist in chinesischen Diplomatenkreisen zu hören. Vor allem dann, wenn es um die Frage der Menschenrechte geht.

Offene Kritik sei Einmischung

Vertreter mehrerer europäischer Länder, auch Österreich, haben die jüngste Kampagne in China gegen politisch Unliebsame ungewöhnlich offen kritisiert. Vor allem auch die Festnahme des weltbekannten Künstlers und Regimekritikers Ai Weiwei Anfang April. Die Replik aus Peking: Die Europäer sollten sich nicht ständig in chinesische Angelegenheiten einmischen.

Frau von Ai Weiwei bekommt Besuchserlaubnis

Dass ausgerechnet zum Besuch des EU-Chefs, die Frau von Ai Weiwei ihren Mann erstmals in der Haft besuchen darf, könnte als Geste an den hohen Besucher aus Europa verstanden werden. Oder, man will Hermann van Rompuy einfach den Wind aus den Segeln nehmen.

Van Rompuy wollte das Thema Menschenrechte ohnehin nur sehr sensibel ansprechen, falls der Zeitpunkt passend erscheint, ließ dessen Sprecher noch vor der Ankunft in Peking verlauten.

Mehr Offenheit bei Wirtschaftsfragen

Diplomatische Zurückhaltung scheint angesagt, um Chinas Führer nicht noch weiter zu verärgern. Offener dürfte da schon über strittige Wirtschaftsfragen geredet werden.

Die EU beklagt, dass europäische Firmen in China diskriminierend behandelt würden. Und man fordert eine klare Aufwertung der chinesischen Währung, um das enorme Handelsbilanzdefizit zu mildern.

Letzteres haben Chinas Vertreter bereits mehrmals abgelehnt. Es werde aufgewertet, aber langsam, so wie man es für richtig hält.

China fordert von Europa Strukturreformen

China hätte gerne, dass die EU ihr Waffenembargo aufhebt und fordert Garantien für seine Investitionen in Europa. Vor allem auch für europäischen Staatsanleihen in chinesischem Besitz. Wie man in Peking überhaupt der Meinung ist, dass die Europäer endlich ehrliche Strukturreformen angehen sollten.

Vorbei scheinen die Zeiten, als es stets westliche Politiker waren, die gegenüber China in Wirtschaftsfragen als Lehrmeister aufgetreten sind.