Positives Echo auf Mladic-Festnahme
"Signal in Richtung EU"
Die Nachricht von der Verhaftung des bosnisch-serbischen Militärführers Ratko Mladic löst durchwegs positives Echo aus. Die Nachbarn Serbiens sehen darin einen Schritt zur Versöhnung, die EU sieht einen Schritt hin zum EU-Beitritt Serbiens. Gefordert wird jetzt aber die noch ausständige Festnahme von Goran Hadzic.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 26.05.2011
"Bedeutend für Versöhnung"
In Slowenien und Kroatien ist die Nachricht von der Festnahme Mladics mit Genugtuung aufgenommen worden. Der kroatische Präsident Ivo Josipovic betonte die Bedeutung der Verhaftung für die Beziehungen in der Region, Ministerpräsidentin Jadranka Kosor äußerte die Hoffnung auf die Festnahme des immer noch flüchtigen kroatischen Serbenführers Goran Hadzic. Der slowenische Premier Borut Pahor sprach von einem "sehr bedeutenden Tag, der ein Schritt hin zur Versöhnung in der Region sein kann".
"Gigantische Erleichterung"
Der internationale Bosnien-Beauftragte Valentin Inzko sagte zur Verhaftung Mladics: "Es gibt eine gigantische Erleichterung" in ganz Bosnien-Herzegowina, vor allem bei den Familien in Bosnien-Herzegowina. "Die haben voriges Jahr über 700 Opfer bestattet, heuer werden es wieder 500 in Srebrenica sein. Die Wunden dort sind noch immer offen, nicht zugeheilt".
"Verpflichtung erfüllt"
"Mit Mladics Festnahme hat Serbien eine seiner internationalen Verpflichtungen erfüllt", sagte der Chefankläger des Haager UNO-Kriegsverbrechertribunals, Serge Brammertz, in einer ersten Reaktion. Das UNO-Gericht hatte seit Jahren auf eine Festnahme von Mladic gedrängt und vermehrte Anstrengungen Serbiens gefordert. Erst kürzlich stellte Brammertz Belgrad in einem Bericht ein schlechtes Zeugnis aus. Die volle Kooperation Serbiens mit dem UNO-Tribunal ist eine der wichtigsten Bedingungen für die EU-Annäherung Serbiens.
"Gutes Signal Richtung EU"
In der EU wird die Verhaftung von Ratko Mladic daher auch als Schritt Serbiens Richtung EU-Aufnahme gesehen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso: "Die Verhaftung Mladics ist ein gutes Signal in Richtung der EU und Serbiens Nachbarn", sagte Barroso. Er habe bei einem Besuch in Serbien in der vergangenen Woche die europäische Perspektive des Landes bekräftigt.
Demnächst Kandidatenstatus?
Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sieht den EU-Beitrittskandidatenstatus für Serbien "in greifbare Nähe" gerückt. "Serbien hat damit eine schwere Hypothek auf seinem Weg in die EU beseitigt", erklärte der Vizekanzler in einer Aussendung. Der EU-Abgeordnete und Kroatien-Berichterstatter des EU-Parlaments, Hannes Swoboda, fordert, nun müsse auch die EU ein klares Zeichen setzen und Serbien "möglichst rasch den Kandidatenstatus geben".
AI: Jetzt auch noch Hadzic
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßt die Festnahme: "Es dauerte mehr als 15 Jahre, aber schlussendlich dürfen die Opfer und ihre Angehörigen hoffen, dass er (Mladic) zur Rechenschaft gezogen wird", erklärte Widney Brown, Leiterin der Abteilung Internationales Recht und Politik im Internationalen Sekretariat von Amnesty, in London. Zugleich forderte sie, dass die serbische Regierung sich bemüht, auch den weiterhin flüchtigen Angeklagten General Goran Hadzic festzunehmen.
Vorerst noch keine Überstellung
Mladic wurde am Nachmittag noch von einem Untersuchungsrichter im Belgrader Sondergericht für Kriegsverbrechen einvernommen, sagte der Generalsekretär im serbischen Justizministerium, Slobodan Homen. Der Richter muss innerhalb drei Tagen entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Überstellung von Mladic an das UNO-Tribunal erfüllt seien. Nach der Entscheidung hat der Angeklagte drei Tage Zeit, um zu berufen. Über die Beschwerde entscheidet ein Berufungsgericht, das noch einmal höchstens drei Tage Zeit hat. Homen erwartet eine Auslieferung von Mladic innerhalb von sieben Tagen. Zugleich betonte er, dass es keine Überstellung vor Abschluss des im Gesetz festgelegten Verfahrens geben werde.