Gewerkschaften protestieren
Lohnkürzungen durch Euro-Bindung
Die Schweizer Exportwirtschaft ächzt unter dem starken Franken. Weil der harte Franken die Gewinne der Schweizer Exporteure schwinden lässt, greift manch Unternehmer zu ungewöhnlichen Methoden und koppelt die Löhne der Beschäftigten an den sinkenden Euro-Kurs. Die Gewerkschaften protestieren und haben bereits Klagen eingereicht.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 09.06.2011
Lohnkürzung oder Entlassung
Um die Währungsverluste abzufedern, hat die Verpackungsfirma mopac im Kanton Bern den Lohn der rund 260 Mitarbeiter um zehn Prozent gekürzt. Man habe letztes Jahr schwarze Zahlen geschrieben, sagt Firmenchef Rainer Füchslin in Interviews, doch der massive Einbruch des Euro sei nicht verkraftbar, weil 55 Prozent des Umsatzes im Ausland erzielt würden. Die meisten Mitarbeiter hätten die Lohnkürzung akzeptiert, um den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern, sagt Mopac-Chef Füchslin. Diejenigen, die sich nicht Euro-abhängig bezahlen lassen wollten, wurden entlassen. Wie zum Beispiel Franziska Hulliger, die die Lohnkürzung als inakzeptabel kritisiert: "Wir leben in der Schweiz und müssen hier Krankenkassenprämien, Mieten und alle sonstigen Ausgaben bezahlen. Sie fallen aber in Franken an und nicht in Euro. Durch die Lohnkürzung verarmen die Leute."
"Dem einen Riegel vorschieben"
Die Gewerkschaft Unia hat nun die Firma mopac bei der regionalen Schlichtungsstelle geklagt. Es sei unzulässig, dass die Arbeitnehmer das Wechselkursrisiko tragen müssten, sagt Corrado Pardini von der Gewerkschaft Unia. "Es gibt bisher fünf oder sechs konkrete Fälle, aber immer mehr Firmen diskutieren zurzeit, ob sie die Löhne an den Eurokurs binden sollen. Dem wollen wir endlich einen Riegel vorschieben." So hätten schon mehrere Unternehmen bei gleichem Lohn die Arbeitszeit der Mitarbeiter verlängert. Auch einige Firmen, die Grenzgänger aus den benachbarten EU-Ländern beschäftigten, würden diese in Euro zu willkürlich berechneten Kursen statt in Franken bezahlen. Der Grund: Grenzgänger, die in der Schweiz ihren Lohn erhalten, ihren Lebensunterhalt aber daheim in Euro bestreiten, haben dank des starken Frankens heute um mehr als ein Drittel mehr Euro in der Tasche als noch 2007.
"Ziemlicher Blödsinn"
Die Debatte, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Währungsrisiken tragen soll, wird hitzig geführt. Für den Ökonomen Klaus Wellershoff ist jedoch klar: Unternehmen, die sich nicht gegen den Kursverfall des Euro abgesichert haben, dürften jetzt nicht einfach den Verlust auf die Mitarbeiter abwälzen: Das mache volkswirtschaftlich betrachtet überhaupt keinen Sinn. Die Unternehmen seien eher in der Lage, sich gegen Wechselkursrisiken abzusichern. "Diese Entscheidung auf den Einzelnen zu verschieben, ist ziemlicher Blödsinn." Noch ist offen, ob sich bei den Lohnkürzungen wegen der Euroschwäche die Gewerkschafter oder die Arbeitgeber durchsetzen. Fest steht, dass der gegenüber dem Franken rasant fallende Euro für viele Schweizer Export-Firmen existenzbedrohend ist.