Nach Öffnung der Grenzen

Schweizer Ängste vor Ost-Arbeitskräften

Seit 1. Mai wurden die Grenzen für Arbeitnehmer aus den acht neuen EU-Ländern geöffnet, nicht nur in Österreich, auch in der Schweiz. Denn diese hat mit der EU ein Abkommen über den freien Personenverkehr geschlossen. Dabei erweist sich die Eidgenossenschaft so attraktiv, dass sie seit einigen Jahren von EU-Arbeitskräften regelrecht gestürmt wird.

Viele fürchten nun, es werde allmählich zu eng in der Schweiz, kommen doch jedes Jahr etwa so viele Zuwanderer wie die Stadt Innsbruck Einwohner hat ins Land. Grund genug, dass nun Rufe laut werden, der Ansturm möge gebremst werden.

Mittagsjournal, 04.05.2011

Unmut wächst

Die Schweiz lockt mit einer intakten Landschaft, hoher Lebensqualität und gut bezahlten Jobs. Jedes Jahr ziehen mehr als 130.000 Ausländer in das kleine Alpenland, die meisten stammen aus der EU. Doch langsam machen sich die Schattenseiten des Ansturms bemerkbar: erschwingliche Wohnungen sind in Städten wie Zürich oder Genf kaum mehr zu bekommen, Straßen und Züge sind verstopft und der immer knapper werdende Boden wird zugebaut. In der Bevölkerung wächst der Unmut.

Wachstum begrenzen...

Die Umweltorganisation ecopop will nun der Überbevölkerung der Schweiz, wie sie sagt, Einhalt gebieten. Per Volksabstimmung soll das jährliche Bevölkerungswachstum auf 0,2 Prozent begrenzt werden, erklärt der Sprecher von ecopop, Benno Büeler.

...oder ganz bremsen

Auch die rechtspopulistische und EU-skeptische Schweizerische Volkspartei will die Zuwanderung bremsen. Sowohl das Schengen-Abkommen als auch der Vertrag über den freien Personenverkehr mit der EU müssten gekündigt und neu verhandelt werden, verlangt Hans Fehr von der SVP.

Wirtschaft braucht Arbeitskräfte

Doch die boomende helvetische Wirtschaft braucht die meist gut ausgebildeten Arbeitskräfte aus der EU. Sie waren einer der Gründe dafür dass die Schweiz die Wirtschaftskrise gut überstanden hat, sagt Serge Gaillard vom Staatssekretariat für Wirtschaft.

An EU gebunden

Unterdessen erhitzt die Diskussion über Beschränkungen der Zuwanderung längst auch die Gemüter im Parlament. Vor kurzem hat die bürgerliche Mehrheit einen Antrag verabschiedet, der die Regierung auffordert, die Zuwanderung in geordnete Bahnen zu lenken. Doch dies ist leichter gesagt, als getan. Die Regierung kann die Grenzen für EU-Arbeitnehmer nicht einfach wieder hochfahren. Die EU würde die Beschneidung des freien Personenverkehrs, eines Grundpfeilers des Binnenmarkts, kaum akzeptieren und könnte im schlimmsten Fall die zahlreichen bilateralen Wirtschafts-Verträge mit der Schweiz kündigen. Das wäre für die exportabhängige helvetische Wirtschaft fatal.

Übergangsfristen in zwei Fällen verlängert

Für Menschen aus Bulgarien und Rumänien bleibt der Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt mindestens bis Ende Mai 2014 beschränkt. Der Bundesrat hat am Mittwoch der Verlängerung der Übergangsfrist im Rahmen der Abkommen über die Personenfreizügigkeit zugestimmt.

Damit bleiben der Inländervorrang, die Kontingente und die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen vorderhand bestehen. Betroffen sind bulgarische und rumänische Arbeitskräfte und Dienstleister in bestimmten Branchen (Gartenbau sowie Bau-, Reinigungs- und Sicherheitsgewerbe). Selbstständige Gewerbetreibende hingegen kommen ab dem 1. Juni 2011 in den Genuss der vollen Personenfreizügigkeit.

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