Harnoncourt bei der styriarte

Die verkaufte Braut

"Im schweren Leichten" ist das Motto der diesjährigen styriarte. Das Klassikfestival, in dessen Zentrum Stardirigent Nikolaus Harnoncourt steht, wartet zur Eröffnung am Freitag, 24. Juni 2011 mit einer noch nie aufgeführten deutschen Fassung der tschechischen Nationaloper "Die verkaufte Braut" von Bedrich Smetana auf.

Kulturjournal, 24.06.2011

Nikolaus Harnoncourt im Interview

Mittagsjournal, 24.06.2011

Service

styriarte

Authentische Polka

"Wie geht denn eine Polka? Wir müssen wissen, was mit den Beinen geschieht; wenn man die nur mit dem Mund spielt und die Beine hängen unten dran, dann entsteht einfach keine Polka", betont Nikolaus Harnoncourt. Doch nicht nur der Polka geht Maestro Harnoncourt in Bedrich Smetanas "Die verkaufte Braut" auf die Spur.

Die Spurensuche begann lange davor, denn Harnoncourt wollte die Oper unbedingt auf Deutsch aufführen: "Ich finde dieser Wahn, alles muss in der Originalsprache sein und dann sitzt ein Publikum da, das kein Wort versteht - das ist ein typischer Kulturwahn."

Textfassung vom Komponisten beauftragt

Mit den bisherigen Übersetzungen nicht zufrieden, wurde man in Prag im Smetana-Haus fündig, mit einer Fassung, die der Komponist selbst in Auftrag gegeben hatte und die styriarte Intendant Mathis Huber dort transkribierte: "Das war sehr erhebend", so Huber. "Einen ganzen Tag mit Smetanas Meisterwerk sozusagen intim zu sein, das ist ein unglaubliches Gefühl."

Der Arnold-Schönberg-Chor, das Chamber Orchestra of Europe und Solisten von Dorothea Röschmann über Kurt Streit bis zu Rubel Drole nehmen nicht nur die musikalische Herausforderung, sondern auch die Suche nach tschechischen Wurzeln auf, wie Harnoncourt sagt: "Die Musik selbst sagt: Wir sind Tschechen und wir sind sehr selbstbewusst. Aber das ist kein Stück über Politik, sondern eines über Schicksale, das zugleich heiter und tiefgehend ist."

Dealer vermittelt Frauen

Und ein Stück, das die damalige Situation der Frauen widerspiegelt: "Er unterschreibt den Kontrakt für die Verheiratung seiner Tochter mit einem Dealer, der Klumpert verkauft und unter anderem Frauen vermittelt."

Für die halbszenische Aufführung zeichnet Harnoncourts Sohn Philipp verantwortlich, der, um den Kirtagsschauplatz spürbar zu machen, eine alte Raupenbahn mit bunten Glühbirnengirlanden als Bühne aufgetrieben hat: "Das wurde auch Amor-Express oder Knutschkarussell genannt", so Philipp Harnoncourt.

Geknutscht wird jedenfalls nicht, aber getanzt, soll doch die "Verkaufte Braut", wie Nikolaus Harnoncourt sagt, nicht nur ins Herz, sondern auch in die Beine gehen.