Italien nimmt Ratingagenturen zur Brust

Standard & Poor's nach Rom zitiert

Normalerweise wird in Italien die Bewertung von Ratingagenturen wie Standard & Poor's oder Moody's wie ein Gottesurteil empfangen. Doch jetzt wird der Spieß umgedreht, lautet die Kampfansage der Behörden. Die Agenturen müssen in Rom vorsprechen und erklären, wie sie zu ihren Bewertungen kommen.

Robert Uitz

Einsparungen nicht berücksichtigt

In den vergangenen Monaten haben die Ratingagenturen immer wieder gedroht, Italien herabzustufen, wenn nicht ein kräftiges Sparpaket auf den Weg gebracht wird. Das ist nun auch geschehen - doch obwohl in den kommenden Jahren 47 Milliarden Euro gespart werden sollen, zeigen sich die Agenturen wenig zufrieden: Die Bewertung fällt schlecht aus, die Zinsen an den Anleihemärkten gehen nach oben. Die italienischen Steuerzahler kostet das gleich ein paar Millionen Euro Zinsen mehr.

Moody's als Nächste an der Reihe

Doch jetzt wird der Spieß umgedreht, lautet die Kampfansage der Behörden an die mächtigen Agenturen. Denn diese haben ihre Analysen des Sparpaktes auf den Markt gebracht, bevor dieses überhaupt fertig geschnürt, geschweige denn im Parlament beschlossen war. Die Berichte würden nur auf quasi Hörensagen und Indiskretionen fußen, aber nicht auf Fakten, lautet der Vorwurf.
Deshalb mussten jetzt Vertreter von Standard & Poor's bei der Börsenaufsichtsbehörde hier in Rom vorsprechen und erklären, wie sie zu ihren Bewertungen kamen. In den kommenden Tagen ist dann auch Moody's an der Reihe.

Kurse in Italien brachen ein

Ein weiterer Vorwurf ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung, nämlich vergangenen Freitag - als die Börsen noch geöffnet waren. Diese Informationen, die also nicht auf Fakten begründet seien, würden auch noch die Kurse unerlaubterweise beeinflussen, so der Vorwurf. Denn vor allem die Kurse von italienischen Banken brachen ein. Erstmals seit Schaffung der europäischen Marktaufsichtsbehörde zur Überwachung der Ratingagenturen hat jetzt also eine nationale Behörde von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, den Agenturen bei ihrer Arbeit genauer auf die Finger zu schauen.

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