Ungarn und sein Verhältnis zu den Habsburgern

Habsburgs Herz wird in Ungarn beerdigt

Am Sonntag haben auch die Ungarn Gelegenheit, sich von Otto Habsburg zu verabschieden. In der Budapester St.-Stephans-Basilika wird ein Trauergottesdienst für ihn abgehalten. Anschließend wird eine Urne mit seinem Herzen ins Benediktinerkloster von Pannonhalma gebracht, wo es beerdigt wird.

Mittagsjournal, 15.7.2011

Ernst Gelegs

"König der Habsburger"

Otto Habsburg ist in Ungarn beliebt, vor allem bei der älteren Generation, wie unsere Befragung von Passanten in der Budapester Innenstadt zeigt. Eine ältere Dame bezeichnet ihn sogar als König der Habsburger. Für viele Ungarn hat Habsburg beim Fall des Eisernen Vorhangs aktiv mitgewirkt.

"Für diejenigen, die die Wende miterlebt haben, bedeutet er viel. Mit diesem paneuropäischen Picknick in Sopron hat er den Prozess der Wende in Gang gebracht. Er wird in die Geschichtsbücher eingehen", sagt ein Passant.

Zwiespältiges Verhältnis

Die jüngeren Ungarn können mit dem Sohn des letzten österreichischen Kaisers und ungarischen Königs weniger anfangen. Die Antwort zweier Teenager auf die Frage, ob sie von Otto Habsburg schon etwas gehört haben, lautet "Nein".

An sich haben die Ungarn ein zwiespältiges Verhältnis zur Habsburger-Monarchie, wie Prof. Andras Gerö sagt, Direktor des Budapester Instituts für Habsburg-Geschichte: "Die Ungarn mochten die Habsburger nicht sehr, mit einigen Ausnahmen wie Kaiser Franz Joseph oder Sisi. Im Prinzip sind die Ungarn immer auf Distanz zu den Habsburgern gegangen. Die Ungarn lieben zwar einen Teil der Monarchie, nicht aber die Habsburger."

Die "gute, alte Zeit"

Sehr positiv besetzt ist die Ära von Kaiser Franz Joseph zwischen 1848 und 1916. In diese Zeit fällt auch der Ausgleich mit Ungarn.

Gerö: "Die Kaiser-Franz-Joseph-Zeit ist in guter Erinnerung, sie gilt als gute, alte Zeit, als es noch Stabilität, Konsolidierung und wirtschaftlichen Fortschritt gab. Sehen Sie sich in Budapest um. Das ist eine Stadt aus dem 19. Jahrhundert, alle Gebäude stammen aus der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie."

Schrulliger Akzent

Nach der Wende eroberte Otto Habsburg rasch die Herzen der Ungarn, viele waren fasziniert von seinem zwar fließenden, aber doch irgendwie schrulligen Ungarisch, wie Gerö erzählt: "Er hatte einen leicht aristokratischen Akzent, und wenn er im Radio sprach, wussten alle: Das ist Otto Habsburg."

Habsburg ein "Anwalt für Ungarn"

Habsburg reiste sehr oft nach Ungarn, schon allein deshalb, weil sich sein jüngerer Sohn Georg nahe Budapest angesiedelt hat. Habsburg nahm an vielen öffentlichen Veranstaltungen teil, hielt Vorträge und beteiligte sich an diversen Diskussionen über die EU. "Otto Habsburg war in den Augen der Ungarn so etwas wie ein ungarischer Anwalt, ein Fürsprecher für den EU-Beitritt des Landes, das einst kommunistisch war. Für die Ungarn war die EU damals das Paradies", erzählt Gerö.

Am Sonntagabend wird Habsburgs Herz in der Benediktinerabtei von Pannonhalma beerdigt.