Für Transaktionssteuer und europäische Ratingagentur

Spindelegger: "Europa muss auch sparen"

Die Euro-Krise stellt die EU auf eine harte Bewährungsprobe. Fieberhaft wird deshalb auf fast allen Ebenen der Union um Lösungsansätze gerungen. Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sieht die EU dennoch nicht in Gefahr.

Morgenjournal, 19.7.2011

Außenminister Michael Spindelegger im Gespräch mit Raimund Löw

"Hausaufgaben nicht gemacht"

Nach zehn Krisengipfeln, drei Hilfsprogrammen und unzählige Sondersitzungen stellt sich die Frage: Was ist da schiefgelaufen?

Spindelegger teilt die Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF), Europa reagiere "kopflos" auf die Finanzkrisen, nicht. Die vielen Sitzungen zeigten eher, dass man in der Lage sei, kurzfristige Entscheidungen zu treffen, dass man handlungsfähig sei und auf neue Situationen rasch reagiere. Es gebe nicht wirklich eine Krise der EU: "Wir haben keine Krise des Euros, sondern einzelner Länder der Eurozone, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben", sagte der Vizekanzler.

"27 passen kaum um einen Tisch"

Die Union sieht Spindelegger nicht in Gefahr. Zerreden würde nichts bringen, man müsse dafür sorgen, dass der Rahmen steht und aktiver in der Außenvertretung sein. Bisher sei dies nicht gelungen, weil "27 Partner mit 27 Meinungen" nicht immer an einem Strang ziehen. Man habe allerdings den Euro stabil gehalten.

Die Frage nach einer politischen Führungskrise beantwortet Spindelegger bildhaft: "27 sind halt viele. Die passen kaum um einen Tisch, und es ist immer schwierig, eine gemeinsame Richtung zu finden."

Vorwurf des Populismus "lächerlich"

Die Verhandlungen über Budgets der nächsten Jahre in der EU beginnen. Angesprochen auf unterschiedliche Standpunkte innerhalb der ÖVP dazu, sagt der ÖVP-Obmann, auch Europa müsse sparen. Der Delegationsleiter der ÖVP im EU-Parlament, Othmar Karas, hatte Spindelegger wegen dieser Haltung kürzlich Populismus vorgeworfen.

Spindelegger: "Das ist insoweit lächerlich, als wenn man in Österreich sagt, wir müssen sparen, ist man der Gottseibeiuns, sagt man das auf europäischer Ebene, ist man auf einmal der Populist. Wir als Bundesregierung werden einen solchen Entwurf nicht akzeptieren, aber wir werden verhandeln." Fünf Prozent mehr pro Jahr seien zu hoch.

Transaktionssteuer "richtig"

Fünf Prozent mehr pro Jahr seien zu hoch. Es gebe aber auch etwas zu loben, sagte der Außenminister. So sei zum ersten Mal eine Transaktionssteuer vorgeschlagen worden. Das findet Spindelegger "richtig" als Begründung für Eigenmittel der Europäischen Union. Österreichs Beitrag beim Gipfel zur Griechenland-Krise am Donnerstag werde sein, eine Stabilisierung zu bewerkstelligen und ein Maßnahmenpaket für Griechenland schnüren, soweit das nötig sei.

Europäische Ratingagentur

Man werde auch sagen, "was wir zukünftig wollen: mit einer Transaktionssteuer Nägel mit Köpfen machen" und eine europäische Ratingagentur auf die Beine stellen, "damit wir nicht immer abhängig sind von dem, was über den Atlantik in der Bewertung unserer Länder herüberkommt", sagte Spindelegger.