Unverständnis über Anklagepläne

EU übt Kritik an Ungarns Regierung

Ungarns Pläne, ehemalige Regierungschefs vor den Richter zu zitieren, sorgen auf EU-Ebene für Kopfschütteln und Irritationen. Die ehemalige sozialistische Regierung soll nach Vorstellung Viktor Orbans für das "Verbrechen" einer höheren Staatsverschuldung bestraft werden.

Morgenjournal, 2.8.2011

Cornelia Primosch aus Brüssel

Hahn pocht auf Einhaltung geltender Gesetze

Viktor Orban packt den Rohrstock aus: Die Vorgänger des ungarischen Ministerpräsidenten sollen sich vor Gericht für die hohe Staatsverschuldung verantworten müssen. Die EU-Kommission reagiert besorgt ob dieser Pläne. EU-Regionalkommissar Johannes Hahn kündigt eine "genaue Überprüfung" an. "Das Wesentliche eines Rechtsstaates ist, dass man sich auf Gesetze verlassen kann. Rückwirkende Einflussnahmen sind alles andere als gut", so Hahn.

Lunacek: "Parallelen zu Diktatur"

Heftige Kritik an den Plänen der ungarischen Regierung kommt auch aus dem Europaparlament. Die grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek sieht Ungarn gar auf einer Ebene mit Diktaturen wie Weißrussland. Orbans rechtskonservative Partei FIDESZ würde ihre Zweidrittelmehrheit im Parlament "massiv missbrauchen", so Lunacek.

Europäische Parteifreunde Orbans skeptisch

Und selbst die Europäischen Parteifreunde Orbans verwehren ihm ihre Unterstützung. Der EU-Abgeordnete Elmar Brok von der Europäischen Volkspartei spricht zwar von "Tricksereien" der ehemaligen ungarischen Regierung, betont aber: "Es muss klar sein, dass nicht bestraft werden kann, was zum Zeitpunkt der Tat nicht strafbar war." Brok geht davon aus, dass die ungarische Regierung selbst zum Schluss kommen werde, dass ihr Vorhaben rechtlich nicht durchsetzbar ist, und ihre Pläne verwerfen wird.

Erst im Frühjahr hatte sich die EU-Kommission in die ungarische Gesetzgebung eingeschaltet. Anlass war das europaweit heftig kritisierte Mediengesetz. Auf Drängen der EU-Kommission musste es abgeändert werden.