Touristen vermissen den "Schutzwall"

Berlin: "Wo ist die Mauer?"

Vor 50 Jahren, am 13. August 1961, wurde mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen. 30 Jahre lange war die Mauer ein Symbol für eine geteilte Welt - bis die DDR-Bürger vor 22 Jahren die Mauer zu Fall brachten. Heute ist nur mehr wenig von ihr übrig, was Touristen enttäuscht. Aber die Erinnerung ist nach wie vor präsent.

Mittagsjournal, 12.08.2011

Schauspieler lächeln fürs Foto

Zwei Soldaten, ein russischer und ein amerikanischer, stehen einander nicht gegenüber, sondern nebeneinander - zu sehen am Checkpoint Charlie in Berlin heute. Die verkleideten Soldaten lächeln für die vielen Fotos, die Touristen, von diesem historischen Ort mitnehmen möchten. Auf der Suche nach der Mauer sind die Touristen hier allerdings erfolglos.

Überfallsartige Errichtung

Die Mauer umfasste den Westteil mit einer Länge von rund 155 Kilometer, wurde von 11.500 Soldaten kontrolliert und sollte eigentlich gar nicht gebaut werden, wie der damalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, noch im Juni des Jahres 1961 behauptet hatte: "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten", erklärte Ulbricht damals öffentlich.

Keine zwei Monate später wurde der "antifaschistische Schutzwall" errichtet. Ursula Rahn war zu diesem Zeitpunkt zufällig am Brandenburger Tor. Als sie einigermaßen realisierte, was da passiert, stellte sie sich nur eine Frage: "Wie soll das alles weitergehen?"

Schnellstmöglich weg damit

Mehr als 100.000 DDR Bürger versuchten in den 28 Jahren der Teilung, den Schutzwall zu überwinden, 136 starben allein an der Berliner Mauer. Den Eindruck, dass man nach dem Fall der Mauer dieses Symbol der Teilung und des Schreckens schnellstmöglich beseitigen wollte, haben auch einige Touristen. Und genauso war es auch, bestätigt der amtierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit. "Wir waren glücklich, dass die Mauer weg war. Die Bagger sollten beseitigen, was so widernatürlich war. Was so viel Leid gebracht hat, das sollte verschwinden, und zwar möglichst schnell."

Schrecken nicht simulierbar

Aus touristischer Sicht wäre es sinnvoll, wenn noch mehr von der Mauer existieren würde, ist Wowereit überzeugt. Aber selbst wenn sie noch stehen würde, den ganzen Schrecken darzustellen, das von der Mauer ausgegangen ist, wäre nicht möglich, sagt Wowereit. Das ganze Areal war vermint. Da liefen scharfe Hunde entlang, standen Soldaten, schussbereit. Das kann man heute ja nicht simulieren."

Deshalb konzentriert sich die Stadt auf die wenigen noch bestehenden Abschnitte, etwa an der Bernauer Straße. Dort wird versucht einen Eindruck davon zu vermittel, wie das Leben mit der Mauer und an der Mauer in Berlin ausgesehen hat. Denn auch wenn Touristen bei einem Berlin Besuch den Wunsch nach mehr Mauer äußern, Berlin will keine geteilte Stadt mehr sein. Auch wenn sie von der Vergangenheit lebt - wie am Checkpoint Charlie mit dem russischen und dem amerikanischen Soldaten, die nebeneinander stehen und lächeln.

Mehr zum Thema

ORF.at