Martin Grubinger in Salzburg

Umjubelter Schlagwerk-Marathon

Ein Auftritt des Multi-Percussionisten Martin Grubinger ist oft ein ausuferndes Ereignis. Am Dienstag, 23. August 2011, als Solokonzert der Salzburger Festspiele, hat er sechs Schlagwerkkonzerte gespielt, begleitet vom Schleswig-Holstein Festival Orchester unter John Axelrod. Ausdauernd war auch das Publikum - es hat den Musiker nach vier Stunden lautstark gefeiert.

Kultur aktuell, 24.08.2011

Rhythmischer Applaus für Grubinger

Die Energie, die Martin Grubinger fast vier Stunden lang verschenkt hat, kommt nach "Prism Rhapsody" von Keiko Abe zurück: Mit Standing Ovations und sogar rhythmischem Feingefühl feiert das Publikum den Ausnahmemusiker.

Das Marimbakonzert der japanischen Komponistin, 1995 entstanden, war das älteste Stück des Konzerts, das Konzert von Friedrich Cerha das jüngste, Grubinger selbst hat es vor knapp zwei Jahren uraufgeführt. Einige Komponisten haben bereits für den Schlagwerker geschrieben und dabei die Fähigkeiten Grubingers ins rechte Licht gesetzt, seine schier unbegrenzte Energie, sein Rhythmusgefühl und die Musikalität, die nicht auf Effekte, sondern auf Kunst und Musik setzt.

Wandlungsfähigkeit

Erstaunlich auch die außerordentliche Wandlungsfähigkeit, mit der sich Grubinger an jeder Instrumentengruppe gleich souverän erweist, schließlich fordert Komponisten von einem Schlagwerker in einem Konzerte eine Reise von afrikanischen zur asiatischen und amerikanischen Instrumenten. Dass sein Instrumentarium auf der ganzen Welt gespielt wird, ist für Martin Grubinger nicht nur künstlerische Bereicherung.

Er will seine Begeisterung auch Jugendlichen vermitteln, nicht nur für das Schlagwerk, sondern auch für jene Menschen, diese Instrumente spielen: "Das Multikulturelle ist etwas, das uns Europäer reich macht, das uns beschenkt. Das ist auch etwas, auf das wir stolz sein sollten. Dass wir zum Beispiel mit Jugendlichen auf einer Djembé spielt und die entwickeln sehr schnell Fähigkeiten. Und dann präsentiert man ihnen einen afghanischen Trommelmeister. Und dann ist da plötzliche Bewunderung da. Wenn Bewunderung da ist, kann Hass sehr schwer entstehen."

Politisches Engagement

Politik ist neben der Musik eines der Lieblingsthemen des 28-jährigen Musikers. Sein Engagement gegen jede Form von Rassismus oder Ausgrenzung und sein Sinn für Gerechtigkeit lassen ihn nicht schweigen, wenn es um wichtige Themen geht: "Ich denke, dass das Grundproblem das fehlende Vertrauen in die gesellschaftliche Erneuerung und in das gesellschaftliche System an sich ist. Viele Menschen in meinem Alter - aber ich glaube, dass es quer durch alle Altersschichten geht -, haben einfach das Gefühl, dass nicht mehr dieses Mindestmaß an Gerechtigkeit vorherrscht."

Deswegen - trotz der entschiedenen Ablehnung der Gewalttaten - hat Grubinger Verständnis für die Jugendproteste: "Solange wir als junge Menschen das Gefühl haben, dass ein Mindestmaß an Gerechtigkeit nicht vorherrscht, ist dieses latente Gefühl des Protestieren-Müssens, des Aufstehen-Müssens, einfach da."

Und er fordert auch von anderen Künstlern, sich zu engagieren und die Verantwortung nicht an Tür zum Konzertsaal abzugeben.

Textfassung: Rainer Elstner