Kampf um Unabhängigkeit geht weiter
Abchasien: Freie Präsidentschaftswahlen
Drei Jahre nach dem Krieg im Südkaukasus hat die Schwarzmeerregion Abchasien einen neuen Präsidenten gewählt. Abchasien, das etwa so groß ist wie Kärnten, hat sich vor drei Jahren für unabhängig erklärt. Außer Russland hat aber praktisch niemand diese Unabhängigkeit anerkannt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 27.8.2011
Markus Müller aus Moskau
Beobachter sehen freie und faire Wahlen
Das Rennen zwischen den drei Kandidaten war bis zuletzt offen. In den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion ist so etwas eher die Ausnahme als die Regel. Auch der Wahlkampf ist ruhig und ohne Störungen verlaufen, bestätigen die etwa 100 ausländischen Wahlbeobachter.
Kampf um internationale Anerkennung
Einen Schönheitsfehler gibt es aber: Die Wahlbeobachter werden, ebenso wie der Staat Abchasien selbst, von praktisch keinem Staat anerkannt. Abchasien hat sich vor drei Jahren für unabhängig erklärt. Außer Russland und einigen Inselstaaten im Pazifik besteht der Rest der internationalen Staatengemeinschaft weiter darauf, dass Abchasien ein Teil Georgiens ist, von dem es sich bereits Anfang der 1990er Jahre in einem blutigen Bürgerkrieg faktisch abgespalten hat.
Georgien will das Land nach wie vor nicht anerkennen, auch wegen der mehr als 200.000 Georgier, die damals aus Abchasien vertrieben wurden und die vor dem Krieg die Mehrheit der Bevölkerung stellten. Doch Abchasien wird, ebenso wie die zweite abgespaltene georgische Region Südossetien, massiv von Russland unterstützt.
Georgien protestiert, Russland protegiert
Eine Rückkehr nach Georgien war auch bei dem Präsidentschaftswahlkampf kein Thema. Die wichtigste Frage war die Beziehung zu Russland, von dem das kleine Abchasien praktisch vollständig abhängig ist. Einerseits unterstützt Moskau das kleine Land finanziell, andererseits sind russische Touristen die wichtigste Einnahmequelle.
Abchasien war vor 1991 die beliebteste Urlaubsregion der Sowjetunion. Gestritten wurde darüber, ob Abchasien ein Stück Land an Russland abtreten soll, das dort dringend für die Olymmpischen Spiele 2014 in Sotschi gebraucht wird. Das Olympische Dorf befindet sich unmittelbar an der Grenze. Thema war auch, ob Russen Grundstücke in Abchasien kaufen dürfen, was bis jetzt verboten ist.
Neuer Präsident: Moskau nicht verärgern
Die bisherige Führung unter dem im Frühjahr verstorbenen Präsidenten Sergej Bagapsch hat in diesen Fragen einen Spagat versucht: Möglichst viel Unabhängigkeit, aber ohne Moskau zu verärgern. Der neue Präsident Alexander Ankwab, bisher Vizepräsident, will diesen Kurs fortsetzen. Nach vorläufigen Ergebnissen hat er 51 Prozent der Stimmen bekommen.
Die freien und fairen Wahlen seien ein Beweis, dass Abchasien die Anerkennung durch die internationale Staatengemeinschaft verdiene, hatte Ankwab schon vor der Wahl erklärt. Das würde der Regierung in der Hauptstadt Suchumi auch helfen, den Einfluss aus Moskau zurückzudrängen, meinen Beobachter. Ohne eine grundsätzliche Einigung zwischen Russland und Georgien ist eine Ende dieses Konfliktes aber nicht absehbar.