Gegen Aufweichung von Schengen-Abkommen

EU-Kommission regelt Reisefreiheit neu

Heftiger Widerstand regt sich in EU-Staaten angesichts der geplanten Neuordnung der Regeln für die Reisefreiheit im sogenannten Schengen-Raum. Die EU-Kommission präsentiert heute Nachmittag ihre Vorschläge. Demnach wird es in Zukunft für einzelne Staaten schwieriger, Grenzkontrollen wieder einzuführen.

Mittagsjournal, 16.9.2011

Cornelia Primosch aus Brüssel

Grenzkontrollen wieder eingeführt

Die Reform wurde nötig, weil im Frühling einige EU-Staaten wie Frankreich und Dänemark wieder Grenzkontrollen eingeführt und damit eine heftige Diskussion um die Reisefreiheit ausgelöst haben.

Inbrünstig waren die Bekenntnisse zur gemeinsamen Reisefreiheit - die meisten europäischen Innenminister, darunter auch Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), hatten während des Schengenstreits im Frühling stets betont, wie wichtig das grenzenlose Reisen im geeinten Europa sei.

Vorschlag liegt vor

Eine starke Allianz bildete sich gegen jene EU-Länder, die aus innenpolitischen Gründen plötzlich wieder an ihren Grenzen kontrollieren ließen. Das waren Frankreich als Reaktion auf die Vielzahl der tunesischen Migranten und Dänemark mit dem Argument der Kriminalitätsbekämpfung, was ein Zugeständnis der Regierung an die rechtspopulistische dänische Volkspartei war.

Die EU-Innenminister beauftragten deshalb die EU-Kommission, Klarheit im Schengen-Raum zu schaffen - der entsprechende Vorschlag von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström liegt seit heute vor.

Ausnahme Sportveranstaltungen

Die Kernaussage: Die EU-Kommission entscheidet künftig gemeinsam, ob ein Land vorübergehend seine Grenzen dicht machen darf, die Mehrheit der Mitgliedsstaaten muss diese Entscheidung absegnen.

Etwa bei großen Sportveranstaltungen werden Grenzkontrollen weiterhin möglich sein. Nur in Ausnahmefällen wie bei Naturkatastrophen, Anschlägen oder erstmals auch bei Flüchtlingswellen dürfen die Nationalstaaten selbst darüber entscheiden, die Grenzen für fünf Tage zu schließen.

Vorschläge passen nicht allen

Innenpolitisch motivierte Ausritte in Sachen Grenzkontrollen will die EU-Kommission, die so ihre Macht entscheidend ausbauen will, damit verhindern.

Das aber passt vielen Mitgliedsstaaten gar nicht. Der deutsche Innenministerminister Hans-Peter Friedrich lehnte mit seinen Kollegen aus Frankreich und Spanien in einer gemeinsamen Erklärung die durchgesickerten Vorschläge der EU-Kommission postwendend ab. Die Wahrung der inneren Sicherheit sei ausschließlich Angelegenheit jedes einzelnen Staates.

Mikl-Leitner: "Größenwahn"

Auch Innenministerin Mikl-Leitner ließ wissen, dass sie gegen die Kommissionsvorschläge sei. Angesichts solcher Ideen orte sie einen Größenwahn der EU. Die Pläne der Kommission seien "undenkbar" und "völlig inakzeptabel". Ohne Zustimmung der EU-Länder und des EU-Parlaments kommt die Kommission mit ihrem Vorschlag nicht durch. Womit der Streit um Schengen und die europäische Reisefreiheit in absehbarer Zeit wohl kaum gelöst werden dürfte.

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