Vorschläge für Schengen-Reform erwartet
Schluss mit Reisefreiheit?
Die EU-Kommission legt ihre Vorschläge zum Umgang mit der Flüchtlingskrise und für eine Reform des Schengenraums vor. Italien und Frankreich verlangen, dass innerhalb der Schengenzone wieder Grenzkontrollen eingeführt werden. Aber die Kommission fährt eine Doppelstrategie und prüft auch die Vorgangsweise der beiden Länder.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 04.05.2011
Grenzen dicht bei Flüchtlingswellen?
Als letzten Ausweg will die EU-Kommission Grenzkontrollen innerhalb Europas wieder zulassen - das geht aus der Mitteilung von Innenkommissarin Cecilia Malmström hervor, die seit einigen Tagen in Brüssel kursiert und heute bekannt gegeben werden soll. Das wäre ein erster Erfolg für Italien und Frankreich. Nicht nur um die öffentliche Sicherheit zu schützen - etwa bei Sportgroßereignissen samt Hooligan-Tourismus, sondern künftig auch wenn verstärkt Migranten nach Europa kommen, sollen die Binnen-Grenzen dicht gemacht werden.
Visa für Flüchtlinge rechtmäßig?
Allerdings fährt die EU-Kommission eine Doppelstrategie: Denn sie untersucht derzeit, ob Frankreich und Italien nicht gerade dabei sind, EU-Recht zu verletzen: Die italienische Regierung muss Brüssel schriftlich erklären, ob den 20.000 tunesischen Migranten die Schengen-Visa zu Recht ausgestellt wurden. Ein Kriterium ist etwa, dass der Antragsteller finanziell abgesichert sein muss. Die französische Regierung hingegen muss erklären, wie intensiv die Grenzkontrollen zu Italien sind - Grenzkontrollen, die nicht ohne triftigen Grund erlaubt sind.
"Kein Vertragsverletzungsverfahren"
Doch Kommissionssprecher Marcin Grabiec dementiert heftig, dass gegen die beiden Länder Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden: "Das sind nur Behördenbriefe, sie haben absolut gar nichts mit Vertragsverletzungsverfahren zu tun. Gar nichts. Das sind nur zwei Briefe, um mehr Informationen und Klarheit zu bekommen."
Österreich: Kein Personal, keine Gebäude
Kritisch sehen mögliche Binnengrenzkontrollen auch einige EU-Staaten wie etwa Österreich. Aus dem Innenministerium ist zu erfahren, dass ständige Grenzkontrollen schwierig umzusetzen wären - einerseits aus personellen Gründen, zum anderen verkaufe die Bundesimmobiliengesellschaft gerade letzten Grenzkontrollgebäude.
Warnung vor Misstrauen
Vor dem Ende der Schengen-Philosophie warnt Yves Pascouau, politischer Analyst von der Denkfabrik European Policy Studies. Denn Schengen basiere auf dem gegenseitigen Vertrauen, dass die Mitglieder ihre Außengrenzen schützen und Binnengrenzen deshalb nicht mehr benötigt werden, so Pascouau. Durch Grenzkontrollen würde das gegenseitige Vertrauen ersetzt - durch gegenseitiges Misstrauen.