Rücktrittsrufe immer lauter

Herabstufung: Unverständnis in Rom

Die US-Ratingagentur Standard and Poor's hat Italiens Kreditwürdigkeit herabgestuft, von "A+" auf "A". Das Downgrading kam für das krisengeschüttelte Land in mehrfacher Hinsicht ziemlich unerwartet. Die Regierung in Rom reagiert mit Unverständnis, die Opposition fordert einmal mehr Berlusconis Rücktritt.

Mittagsjournal, 20.09.2011

Früher und anders als erwartet

Die Herabstufung durch Standard und Poor´s ist gerade zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem Italien ganz auf Moody's fixiert war. Diese Ratingagentur hatte seit Tagen Zweifel an der Effektivität des soeben verabschiedeten Sparpakets angemeldet. Das 54 Milliarden Euro schwere Maßnahmenbündel könnte tiefgreifende Folgen für das Rating der meist schwer verschuldeten italienischen Regionen, Provinzen und Kommunen haben - hatte Moody's gewarnt. Umso härter trifft jetzt die Herabsetzung der Bonitätsnote Italiens durch Standard & Poor´s von A+ auf A, auch weil diese ziemlich unerwartet kam. Experten hatten sich eine eventuelle Neueinstufung erst in einigen Wochen erwartet.

"Misstrauenserklärung"

Begründet hat Standard & Poor´s ihre Entscheidung damit, dass die Wachstumsaussichten für die italienische Wirtschaft schlecht seien und die verabschiedeten Reformen nicht ausreichten, um gegenzusteuern. Sprich: Die Regierung sei zu schwach. Gleichzeitig senkte die Ratingagentur ihre Konjunkturprognose für den Zeitraum bis 2013 von 1,3 Prozent auf 0,7 Prozent. Negativ beurteilt Standard & Poor´s auch das Tempo, mit dem die italienische Regierung ihre Ziele erreichen möchte. Demnach gehe alles zu langsam. Abgerundet wurde die Hiobsbotschaft mit einer weiteren "Misstrauenserklärung": Der Ausblick sei schlecht, es könnte weiter nach unten gehen.

Rücktrittsforderungen

Realitätsfern sieht Ministerpräsident Silvio Berlusconi die neue Einstufung und wittert dahinter politische Motive. Fakt ist aber, dass gerade die Skandale rund um seine Person und die daraus resultierende politische Lähmung des Landes wie Öl im Feuer der volatilen Finanzmärkte sind. Und so fordert die Opposition einmal mehr Berlusconis Rücktritt. Der Ministerpräsident denkt aber nicht daran, wie er gerade wieder betont hatte.

Schulden noch teurer

In der Zwischenzeit steigen jedoch die Haushaltsschulden. Vergangen Woche haben sie ein historisches Hoch mit 1.911 Milliarden erreicht. Und der Tiefschlag durch Standard & Poor´s ließ jetzt naturgemäß die Renditen für italienische Schuldtitel erneut nach oben klettern. Heißt auch: Die Kreditversicherungen für Italien verteuern sich. Eine gefährliche Spirale, die durch eine mögliche weitere Herabstufung beschleunigt werden könnte. Die Agentur Moody's könnte schon demnächst reagieren, meinen Experten.