Sammlung von Dialektgedichten

Achleitners "iwahaubbd"

Als Architekturhistoriker und -kritiker kennt Friedrich Achleitner die österreichische Baugeschichte wie kaum ein anderer. Als Dichter und Mitglied der legendären Wiener Gruppe hat der gebürtige Oberösterreicher mit Happenings und sprachkritischer Poesie aufgeregt. Eine Sammlung der Achleitner'schen Dialektgedichte ist jetzt im Zsolnay-Verlag unter dem Titel "iwahaubbd" erschienen.

Kultur aktuell, 26.09.2011

Frühe Faszination für Dialektgedichte

"Schön sprechen", das war ein Konstrukt, das er in der Volksschule gelernt hat, sagt Friedrich Achleitner. Seine Muttersprache ist der Innviertler Dialekt: "Ich habe das Glück gehabt, als Kind: Wir haben in unserem Haus immer eine Most-Runde gehabt. Und da war ein Beamter von der Lederfabrik in Mattighofen dabei, der hat sich hingesetzt und hat Dialektgedichte aufgesagt. Und das hat mich natürlich fasziniert."

Jahre später dann, in den frühen 1950er Jahren in Wien: die Begegnung mit Gedichten von Gerhard Rühm und H.C. Artmann und mit einer ganz anderen Form des Dialekts - dem Wienerischen mitsamt den tschechischen, jiddischen, italienischen und ungarischen Einflüssen, den barocken Traditionen und surrealen Elementen und mit einem ungleich größeren Wortschatz.

Arbeitssprache Dialekt

Einem Großstadtdialekt eben, wie Friedrich Achleitner sagt: "Da ist der Dialekt eher als ein Sprachphänomen betrachtet worden, mit dem man arbeiten kann. Da war's so, dass ich den Dialekt, wenn ich ins Innviertel gekommen bin, fast angeschaut habe wie eine Fremdsprache. Und da ist mir sehr viel aufgefallen. Weil Distanz ist ja immer besser als Nähe. Weil in der Nähe sieht man ja nichts."

Und das, was er da im Innviertel gesehen bzw. gehört hat, war für Friedrich Achleitner ebenso überraschend wie faszinierend: "Das ist eine sehr begrenzte Arbeitssprache. Es geht nur um die ganz konkreten Dinge. Es werden auch nie ganze Sätze gesprochen. 'Kim her - Pass auf - Wos? Na geh'."

Und so liest sich dann das Gedicht - genauer gesagt: ein Ausschnitt aus dem Gedicht, mit dem die Sammlung eröffnet wird:

ge
wos
na

wos
ge
na

na
ge
wos

Kein Wortschatz für Gefühle

"In den Bauernhöfen gab es so gut wie keinen Wortschatz, um Gefühle auszudrücken", schreibt Friedrich Achleitner im Nachwort. "Die bäuerliche Welt hat ja auch keine Intimsphäre", sagt der Autor. "Und so ist auch die Sprache. Viele Bereiche, die im Psychologischen sind, die Intimsprache zwischen Partnern, funktioniert eigentlich kaum oder existiert kaum. Das sind immer nur so Andeutungen. Das kürzeste Dialektgedicht in der Sammlung ist ja: 'mari / do / wari'. Da wird nicht drüber geredet."

"mari / do / wari" - Wie würde das der Städter sagen? "Mein Gott, der ganze Fundus der Liebesgedichte, nicht? Da gibt es ja unglaublich blumige Sachen, die ich überhaupt nicht kenne. Deswegen hab ich wahrscheinlich auch keine Liebesgedichte", lacht Achleitner.

Am Montag, 26. September 2011 präsentiert Achleitner seine gesammelten Dialektgedichte in der Wiener Alten Schmiede.

Textfassung: Rainer Elstner

Service

Friedrich Achleitern, "iwahaubbd" Zsolnay Verlag

Alte Schmiede