Lichtblick des Song Contests

Raphael Gualazzi in Innsbruck

Der italienische Pianist, Sänger und Komponist Raphael Gualazzi überraschte heuer beim Eurovision Song Contest: Klassische Ausbildung, sonst auf Jazzfestivals zu Hause, sorgte der 1981 in Urbino Geborene in Düsseldorf für einen musikalischen Lichtblick. Am Freitag, 30. September 2011 ist der Musiker im Innsbrucker Treibhaus zu Gast.

Kulturjournal, 30.09.2011

Zu Gut für den Song Contest?

Als Raphael Gualazzi heuer sein Lied "Follia d'amore" als italienischen Beitrag für den Eurovisions Contest präsentierte, waren sich die Kritiker einig: Zu gut, zu anspruchsvoll, um hier eine Chance zu haben. Gualazzi wurde Zweiter. Ähnlich die Prognosen beim sonst recht seichten Festival von San Remo: Gualazzis Musik sei zu Jazzig für das schlagergewohnte Publikum. Er gewann in gleich vier Kategorien.

Erfolge wie diese veranschaulichen recht deutlich, welchen Spagat Gualazzi mit seiner Musik schafft: Jenen zwischen hoher Qualität und Massentauglichkeit. Zugleich wohl auch ein Beweis dafür, dass man dem sonst so eingelullten Schlagerfestivalpublikum durchaus mehr zutrauen könnte als den immer gleichen, selbstverliebten Weltschmerztrash.

Raffinierter Stilmix

Gualazzis Musik ist ein raffinierter Mix aus Blues, Jazz und italienischer Canzone-Tradition. Mal durch Funk-, mal durch Ragtime-Elemente ergänzt. Nach klassischem Klavierstudium entdeckte er erst mit 19 Jahren den Jazz für sich. Begann selbst Stücke zu schreiben und fand in diesem Crossover sein musikalisches Zuhause, wie der Musiker erzählt.

"Ich habe versucht diese beiden musikalischen Sprachen für mich zu vereinen. Das Ganze ist dann immer weiter gewachsen. Und vor allem die Jazzelemente sind mit der Zeit immer wichtiger geworden. Für mich bedeutet Jazz Freiheit. Jazz ist etwas, was sich immer weiterbewegt. Das erleichtert diese Durchmischung. Es finden sich überall Elemente wo man anknüpfen kann. Der Jazz ist die Mutter der ganzen modernen Musik und ihren Ausdrucksformen", so Gualazzi.

Vielbeachtetes Album

Nach seinem Debütalbum "Love outside the window" im Jahr 2005, mit noch vorwiegend ruhigen Jazzballaden, legte Gualazzi heuer mit "Reality and fantasy" sein viel beachtetes zweites Album vor. 14 Nummern, die in kompakter Form das breite Spektrum von Gualazzis Musik widerspiegeln.

Nicht mit den üblichen Casting-Klonen konfrontiert, rangen Eurovisionskommentatoren nach Gualazzis Auftritt schnell nach Vergleichen mit großen Namen aus dem Jazz oder Cantautori wie Paolo Conte. Das ist nach zwei Alben wohl etwas verfrüht. Aber Raphael Gualazzi ist in jedem Fall eine erfrischende Abwechslung in den seichten Pop Gewässern. Und sollten dem stets etwas schüchtern wirkenden Italiener die großen Bühnen irgendwann doch zu groß werden, bleibt ihm immer noch die Rückkehr ins Halbdunkel der Jazzkeller, in denen er in den letzten Jahren zu Hause war.