Neue Verwaltungsgerichte schon in der Kritik

Gerichtsreform ist fix

Bund und Länder haben sich auf eine der größten Reformen des Rechtssystems seit Bestehen der Bundesverfassung verständigt. Neue Verwaltungsgerichte sollen kommen. Die Reform kostet zwar einiges, soll aber schnellere Verfahren und bessere Entscheidungen bringen. Rechnungshof und Gemeinden bezweifeln das.

Morgenjournal, 5. 10. 2011

Einfachere Strukturen

Neun Verwaltungsgerichte der Länder und zwei neue Bundesverwaltungsgerichte werden rund 120 Sonderbehörden und Senate ablösen, bei denen man sich derzeit gegen Behördenbescheide zur Wehr setzen und berufen kann. Das heißt: Wer mit einem Steuerbescheid oder Baubescheid nicht einverstanden ist, soll sich gleich an ein unabhängiges Gericht wenden können. Das soll qualitativ bessere und raschere Entscheidungen bringen, aber auch den Behörden-Wildwuchs reduzieren.

Rechnungshof: „Kosten nicht abschätzbar“

Einsparungen sind trotzdem nicht in Sicht, im Gegenteil: Das Kanzleramt rechnet mit einigen Millionen Euro Mehrkosten - vor allem wegen der neuen Bundes-Verwaltungsgerichte. Der Rechnungshof spricht in seiner kritischen Stellungnahme zum Entwurf sogar von „derzeit nicht abschätzbaren zusätzlichen Kosten für die öffentliche Hand“.

Für den Rechnungshof sind aber nicht nur die Kosten, sondern auch eine andere zentrale Frage ungeklärt. Es sei offen, wie viele Richter an den Verwaltungsgerichten tätig werden sollen und welche Entscheidungsfristen diesen vorgegeben werden. Daher sei nicht auszuschließen, dass es sogar zu einer längeren Verfahrensdauer als bisher kommen könnte, so der Rechnungshof.

Kritik auch vom Gemeindebund

Harte Kritik, der sich aber Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer anschließt: "Die bisherige Verfahrensdauer bei Gericht ist für uns zum Teil unerträglich, d. h. es könnte durchaus nicht zu einer Beschleunigung der Verfahren kommen, sondern zu einer wesentlichen Verlängerung. Wenn nicht die Einrichtung gegeben ist, dass hier rasch und effizient entschieden wird, dann kann es einerseits länger dauern, andererseits komplizierter werden und dagegen werden wir uns zur Wehr setzen."

Konkret wehren sich die Gemeinden dagegen, dass die neuen Landesverwaltungsgerichte künftig Baubescheide, die der Bürgermeister erlässt, inhaltlich korrigieren können sollen. Das sei ein schwerer Eingriff in die Gemeindeautonomie und bürgerfern, weil hinter Einsprüchen gegen Baubescheide meist Streit unter Nachbarn stehe. Da könnten eben Bürgermeister und Gemeinderat direkt im Ort besser vermitteln als ein weit entferntes Gericht.

Kosten soll Bund tragen

Die Landeshauptleute wollen kommenden Dienstag in Kaprun dennoch einen Grundsatzbeschluss über die Reform fassen. Länder-Chefverhandler Josef Pühringer stellt aber eines gleich klar: "Die Mehrkosten muss der Bund tragen, weil er sich ja auch beim bundesweiten Verwaltungsgerichtshof entlastet."