ARBÖ versus Umweltminister

Biosprit erzürnt die Gemüter

Ab Herbst 2012 sollen dem Benzin in Österreich zehn Prozent Ethanol beigemischt werden. Also fast purer Alkohol - hergestellt aus Mais, Weizen oder Zuckerrüben. Für Umweltminister Nikolaus Berlakovich ist der sogenannte E-10-Benzin ein Beitrag, um den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken. Doch das Vorhaben ist umstritten.

Mittagsjournal, 5. 11. 2011

Peter Babutzky

ARBÖ sammelt Unterschriften

Kritiker zweifeln am Nutzen für die Umwelt. Durch intensivere Düngung und die mögliche Abholzung von Wäldern werde kaum Treibhausgas eingespart. Der Autofahrerklub ARBÖ hat eine Unterschriftenaktion gegen die Ministerpläne gestartet - 5000 haben bis jetzt unterschrieben.

Autos würden Biosprit nicht vertragen

Viele Autos würden das Gemisch aus Alkohol und Benzin nicht vertragen, sagt Lydia Ninz, Generalsekretärin des Autofahrerklubs ARBÖ. Sie schätzt, dass über 200.000 Autos Probleme bekommen könnten. Außerdem werde das Autofahren durch E10 spürbar teurer: "Unserer Berechnung nach würde der Liter Benzin über 4,2 Cent mehr kosten und das nach dieser horrenden Teuerung, die wir ohnehin haben", so Ninz. Denn das E10-Benzin verbrenne deutlich schneller. Deshalb brauche man für die gleiche Strecke mehr Treibstoff, sagt Ninz.

Umweltfreundlichkeit wird bezweifelt

Umstritten ist auch die positive Wirkung auf die Umwelt. Eine Studie der Universität für Bodenkultur hat ergeben, dass mit Ethanol nur relativ wenig Treibhausgas eingespart werden kann. Im schlimmsten Fall könne der Alkohol-Sprit sogar mehr Emissionen verursachen als Benzin, sagt Johannes Schmidt von der Universität für Bodenkultur: "Wenn wir für die zusätzliche Produktion von Biotreibstoffen Gebiete abholzen müssen, die jetzt sehr viel Kohlenstoff speichern, wie zum Beispiel die klassischen Regenwälder in Brasilien oder Indonesien, dann haben wir sehr hohe Emissionen, die die von Benzin deutlich übersteigen können."

Regenwälder würden leiden

Selbst wenn die Rohstoffe für die Ethanol-Erzeugung nur in Österreich produziert werden, könnten die Regenwälder darunter leiden, so Schmidt. Denn dann müsse mehr Futtermittel wie etwa Soja aus Brasilien importiert werden: "Soja ist eigentlich der Hauptverantwortliche für die Entwaldung, d. h. je mehr Biotreibstoffe wir in Europa produzieren, umso weniger Futtermittel produzieren wir, umso mehr importieren wir, umso schlimmer machen wir sozusagen diesen indirekten Effekt der Abholzung."

ARBÖ: "Berlakovich will Bauern bedienen"

Auch ARBÖ-Generalsekretärin Lydia Ninz zweifelt am vermeintlich grünen Treibstoff Ethanol. Sie vermutet, dass Umweltminister Berlakovich mit E10 wirtschaftliche Interessen bedienen möchte: "Er ist ja auch oberster Bauernvertreter, er will offenbar dieser Klientel auch neue Absatzgebiete verschaffen."

Berlakovich: "Lächerliches Argument"

Diesen Vorwurf will Umweltminister Nikolaus Berlakovich aber nicht auf sich sitzen lassen: "Das ist ja ein lächerliches Argument, dass sozusagen die Bauern davon profitieren. Es profitieren die Wirtschaft und Österreich insgesamt davon, wenn wir nicht Millionen ausgeben müssen, um Erdöl zu importieren, und im eigenen Land Arbeitsplätze schaffen können, Green-Jobs schaffen können, dann ist das doch eine Perspektive, wo wir Ökonomie und Ökologie vereinbaren."

Keine Schnapsidee

Die ganze Welt sei sich einig, dass fossile Brennstoffe für den Klimawandel verantwortlich seien. Ziel müsse daher sein, diese Treibstoffe zu reduzieren. Und Agrar-Sprit könne einen Teil dazu beitragen. Dass Agrarsprit aus Österreich auch zur Abholzung des Regenwalds führen kann, sei ein haarsträubendes Argument, so Berlakovich: "Tatsache ist, dass wir durch die E10-Biotreibstoffproduktion in Österreich rund 1,5 Prozent der Ackerfläche gebrauchen würden, und dass als Nebenprodukt in etwa 180.000 Tonnen Eiweißfuttermittel anfallen. Dass wir eben keine Eiweißfuttermittel aus dem brasilianischen Urwald importieren." Berlakovich will sich von seinem Vorhaben jedenfalls nicht abbringen lassen. Ab Herbst 2012 soll dem Benzin zehn Prozent Alkohol beigemischt werden. Für Minister Berlakovich offenbar keine Schnapsidee.