Auch ohne Urteil folgenreich

Der U-Ausschuss als Kontrollinstrument

Der Untersuchungsausschuss zu den diversen Korruptionsfällen kann mit der Arbeit beginnen, nachdem alle fünf Parteien im Parlament zugestimmt haben. Die Parteien streiten noch, wer den Vorsitz im Ausschuss führen wird. Die Position ist wichtig, gehört doch ein Untersuchungsausschuss zu den stärksten Kontrollinstrumenten des Parlaments.

Mittagsjournal, 21.10.2011

Wahrheitspflicht für Zeugen

In einem Untersuchungsausschuss des Parlaments geht es ähnlich zu wie vor Gericht. Zeugen werden befragt und Beweise gesammelt. Der Ausschuss kann zum Beispiel umfangreiche Akten von Behörden als Beweismittel anfordern und Zeugen sind zum Erscheinen im Parlament verpflichtet. Diese Zeugen oder eigentlich Auskunftspersonen stehen dann auch unter Wahrheitspflicht: Wer vor einem Untersuchungsausschuss lügt, dem drohen bis zu drei Jahre Haft - theoretisch zumindest.

Scharfe Befragungen

Die Zeugen können aber die Aussage verweigern. Sie müssen sich nicht selbst belasten, wenn gerade polizeiliche Ermittlungen gegen sie laufen oder schon ein Gerichtsverfahren stattfindet. In den letzten Ausschüssen war das auch immer wieder der Fall und ist auch diesmal zu erwarten.

Die Befragungen können je nachdem, von welchen Abgeordneten sie vorgenommen werden, durchaus scharf ausfallen. Zeugen können sich daher auch von einer Vertrauensperson begleiten lassen, oft ist das ein Anwalt, der allerdings nur beraten kann. Außerdem soll ein Verfahrensanwalt für einen fairen Ablauf der Befragungen sorgen.

Konsequenzen auch ohne Urteil

Am Ende eines Untersuchungs-Ausschusses wird allerdings kein Urteil gesprochen und auch keine Strafe verhängt. Statt dessen gibt es einen Bericht ans Parlament. Ziel ist es ja, die politische Verantwortung für Missstände offenzulegen - und politisches Gewicht erhält der Ausschuss vor allem durch die Öffentlichkeit: in der Regel sind die Sitzungen für die Medien zugänglich und es wird darüber berichtet, die Protokolle sind später für jeden einsehbar. Eine direkte Folge des letzten Untersuchungsausschusses war zum Beispiel die Reform der Abgeordneten-Immunität. In den 1980er Jahren gab es auch Ministerrücktritte nach einem Untersuchungsausschuss.

Viele Sitzungen zu erwarten

Als besonderes Problem des jetzigen Untersuchungsausschusses gilt vor allem die Fülle an Themen. Wenn der Ausschuss nicht nur an der Oberfläche der Korruptionsaffären kratzen will und sich auf ohnehin Bekanntes beschränkt, dann wird es recht viele Einvernahmen und Sitzungen geben müssen. Grund dafür ist vor allem die Tatsache, dass in Österreich die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kein Minderheitenrecht ist. In Deutschland dagegen kann auch die Opposition einen solchen Ausschuss einsetzen. Dort gibt es mehr, dafür aber kürzere Untersuchungsausschüsse.