Tunesien: Islamisten dürften Wahlsieger sein
Portrait: Ghannouchi, Führer der Islamisten
Die Islamisten dürften die erste freie Wahl in Tunesien gewonnen haben. Raschid Ghannouchi ist der Gründer der islamischen Ennahdha-Partei. Unter dem früheren tunesischen Machthaber Ben Ali wurde Ghannouchi zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Ghannouchi lebte 20 Jahre im Exil in London, ehe er heuer Ende Jänner nach Tunesien zurückkehrte.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 25.10.2011
Frenetischer Empfang bei Rückkehr
Als Raschid Ghannouchi aus dem Flugzeug in Tunis steigt, wird er von tausenden Anhängern begeistert empfangen. Zwanzig Jahre war Ghannouchi im Exil in London. Jetzt nach Ben Alis Flucht ist der Weg für ihn frei wieder in seine Heimat zurückzukehren.
Gannouchi gibt sich moderat
Der Weg ist nun auch frei, für seine Ennahdha-Partei. Der 70-Jährige gibt sich in den vergangenen Monaten moderat und weist alle Vorwürfe zurück, er sei ein Extremist. Er wolle nicht, dass sich der Staat in das Privatleben der Menschen einmische. Jede Frau solle selbst entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen wolle oder nicht, sagt Ghannouchi.
Islam und Demokratie: Vorbild Türkei
Die Worte Gottesstaat oder Scharia kommen dem 70-jährigen nicht über die Lippen. Im Gegenteil, Raschid Ghannouchi wirbt um Vertrauen. Er predigt die Versöhnung von Demokratie und Islam. Als Beispiel nennt er hier die Türkei. Seine Ennahdha- Partei wolle ein parlamentarisches System errichten, im Gegensatz zur früheren Ein-Mann Herrschaft des Präsidenten.
Flucht nach Verurteilung
Unter dem früheren Präsidenten Ben Ali wird Raschid Ghannouchi 1987 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt, fünf Jahre später wegen angeblicher Umsturzpläne zu lebenslanger Haft. Seine Ennahdha-Partei wurde verboten. Kurz davor konnte Ghannouchi aber flüchten.
Radikale Worte im Exil erzeugen Furcht
In seinem Exil in London spricht er oft davon, dass die Autorität der Scharia über jeder anderen Autorität der muslimischen Gesellschaft stehe. Deswegen werfen vor allem liberale Tunesierinnen dem Islamistenführer Doppelzüngigkeit vor und befürchten eine Radikalisierung, sollte Ennahdha an der Macht sein.