Chinesische Finanzhilfe weiterhin unklar
Chaos in Europa verärgert China
China mit seinen gigantischen Währungsreserven und dem robusten Wirtschaftswachstum wird auf dem G-20-Gipfel eine wichtige Rolle spielen. Das Land verkörpert wie kein anderes das aufstrebende politische Gewicht der großen Schwellenländer. Das Chaos in Europa sorgt in China jedoch für immer mehr Unbehagen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 3.11.2011
Jörg Winter aus Peking
G-20-Gipfel "ineffiziente Zusammenkunft"
Eine der kommunistischen Partei Chinas nahestehende Zeitung nimmt sich heute kein Blatt vor den Mund: Der G-20-Sondergipfel in Cannes könnte nur ein weiterer in einer langen Reihe ineffizienter Zusammenkünfte politischer Spitzenrepräsentanten sein. Der Kommentator warnt davor, China aufgrund seiner Währungspolitik und seines Handelsüberschusses für globale Ungleichgewichte verantwortlich zu machen.
Rückenwind für EU-Kritiker
Eines ist aber längst klar: Es ist die Euro-Krise, die auch diesen Gipfel überschatten wird, erneut verschärft durch die Ankündigung Griechenlands, über das von der EU verabschiedete Hilfspaket ein Referendum abhalten zu wollen. Das Chaos in Europa stärkt in China Kritikern den Rücken, die vor einem größeren Engagement Pekings im Euro-Raum warnen und auf die immer offensichtlicheren Entscheidungsschwächen europäischer Spitzenpolitiker hinweisen.
"Demokratie bremst schnelle Entscheidungen"
Das Problem sei jedenfalls nicht Europas Wirtschaft, sagen Ökonomen wie Yi Xianrong von Chinas Akademie der Wissenschaften, sondern vielmehr Europas Politik. Europa brauche endlich fähige, handlungsfreudige Entscheidungsträger, so der Ökonom, der sich "Leute vom Format eines Winston Churchills oder einer Margaret Thatcher" wünscht. "Finanzen und Wirtschaft bedürfen schneller Entscheidungen. Ein demokratisches System kann das nicht immer leisten. Die Diskussionen, um sich zu einigen, erfordern zu viel Zeit. Da verpasst man den richtigen Augenblick", so Xianrong.
Reizthema EU-Rettungsfonds
China hat eigentlich schon vor Tagen klar gemacht, worüber man beim Gipfeltreffen nicht zu sprechen wünscht: Nämlich über Hilfszusagen für den Euro-Raum. Europas Mächtige werden Chinas Präsidenten Hu Jintao wohl aber genau darauf ansprechen. China hat Europa zwar wiederholt Unterstützung bei der Bewältigung der Finanzkrise versprochen, bisher aber jegliche Zusagen über eine konkrete Beteiligung am Euro-Rettungsfonds vermieden.
China: Zurückhaltung bei Hilfszusagen
Längst werden in China Stimmen laut, die meinen, die Regierung solle nicht immer mehr Geld in risikoreiche europäische Staatsanleihen pumpen, wo doch China im Vergleich zu Europas Krisenländern noch immer ein recht armes Land sei. Dass Peking mit seinen gigantischen Währungsreserven in der Lage wäre, Europa deutlich unter die Arme zu greifen, steht allerdings fest.
Ebenso, dass China Interesse an der Stabilität in seinem wichtigsten Exportmarkt hat. Doch dürfte man sich mit konkreten, größeren Hilfszusagen tatsächlich so lange zurückhalten, bis Details des Rettungsfonds feststehen und klar ist, ob die Griechen von ihren EU-Partnern überhaupt gerettet werden wollen. Kurz gesagt: Bis in Europa aus chinesischer Sicht endlich Vernunft einkehrt.