EGMR-Urteil sorgt für Diskussion

Befruchtung per Spende bleibt verboten

Ei- und Samenzellenspenden bleiben in Österreich laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EGMR) für Menschenrechte verboten. Es ist also nicht möglich, dass, eine Frau ein Kind bekommt, das genetisch andere Eltern hat. Die katholische Kirche ist erleichtert, einige Gynäkologen halten das Urteil jedoch für eine "Sauerei".

Mittagsjournal, 4.11.2011

Barbara Gansfuß

Enttäuschung bei Klägern

Die Anwälte der Kläger sind enttäuscht. 13 Jahre haben sie auf eine endgültige Entscheidung in ihrem Verfahren gewartet, nun ist sie für sie negativ ausgegangen. Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt: Das Verbot ist rechtskonform.

EGMR empfiehlt Überprüfung der Rechtslage

Aber Österreich soll die geltende Rechtslage dennoch überprüfen, das betonen die Straßburger Richter in ihrer Entscheidung. Denn diese beurteilt die Situation im Jahr 1999. Und Österreich müsse aus heutiger Sicht feststellen, ob das Verbot noch zeitgemäß ist, sagt Christoph Schwaighofer, Jurist am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

"Geht nicht nur um technischen Fortschritt"

"Ich glaube es geht in diesem Fall nicht nur um den medizinischen Fortschritt, sondern darum, wie weit dieser Fortschritt schon in der Gesellschaft angekommen ist. Der Gerichtshof nimmt zur Kenntnis, dass bestimmte sensible Fragen von der Gesellschaft in den einzelnen Staaten unterschiedlich gesehen werden können." Daher sei auch zu überprüfen, ob es in dieser Hinsicht ebenfalls eine Entwicklung gegeben habe – und nicht nur im technischen Bereich, so Schwaighofer.

Betroffenen-Anwalt fordert Gesetzesänderung

Einer der Anwälte der Betroffenen, Wilfried Weh, hofft, dass der Gesetzgeber reagiert und das jeweilige Verbot im österreichischen Gesetz aufhebt. Dann könnte man die Regeln über die Inkognito-Adoption, die bereits bestehen, auch auf solche Spendenfälle anwenden. "Es kann im Grunde keinen Unterschied machen, ob ich einen Säugling oder ein Neugeborenes in der Babyklappe adoptiere, oder ob ich eine Eizelle neun Monate vorher übernehme", argumentiert Weh.

ÖVP startet Enquete

Im Justizministerium sieht man keinen Grund zur Eile. Das Verbot sei bestätigt worden, die ÖVP jedenfalls werde sich mit dem Thema auseinandersetzen - und zwar im Dezember bei einer Klub-Enquete mit dem Titel "Bioethik und Menschenwürde".

"Neue Klage denkbar"

Dass das Verfahren so lange gedauert hat, sei ungewöhnlich, sagt Christoph Schwaighofer. Es habe einige Verfahrensschritte gegeben, die alles verzögert hätten. Ob es eine neuerliche Klage bei den Höchstgerichten gibt, ist noch unklar. Er würde jedenfalls nicht davor zurückschrecken, sagt Anwalt Wilfried Weh.