Griechischer Ex-Außenminister kritisiert die Polit-Elite

Im Journal zu Gast: Dimitris Droutsas

Dimitris Droutsas war bis Juni griechischer Außenminister und ist jetzt EU-Parlamentarier. Droutsas kritisiert das Hickhack der politischen Kräfte in Griechenland, auch innerhalb der Regierungspartei. Sowohl das bestehende politische System, als auch das Mediensystem in Griechenland müssten geändert werden.

Mittagsjournal, 5. 11. 2011

Griechenlands Ex-Außenminister Dimitris Droutsas im Gespräch mit Christian Lininger

Persönliche Ziele hinten anstellen

"Anstatt, dass hier das Logische und Selbstverständliche geschieht, dass hier alle politischen Kräfte an einem Strang ziehen, sehen wir seit Monaten dieses Hickhack zwischen den politischen Kräften hier in Griechenland, aber auch ein Hickhack innerhalb der Regierung und innerhalb der Regierungspartei. Das ist etwas, das ich persönlich absolut nicht gutheißen kann", so Droutsas. In einem solch kritischen Momenten sei jeder dazu verpflichtet ist, persönliche politische Ziele und Träume hinten anzustellen und die Zukunft des Landes in den Vordergrund zu stellen.

Referendum sollte wachrütteln

Den Vorschlag des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou einer Volksabstimmung über die Annahme des Euro-Hilfspakets verteidigt Droutsas. Die Opposition sage zu allem nein, selbst zu den selbstverständlichsten Reformvorhaben der Regierung. Dies habe dazu geführt, dass explosive Stimmung erzeugt wurde. "Papandreou war gezwungen hier eine politische Aktion zu setzen, die alle wachrüttelt", so Droutsas.

Politische Elite trägt Verantwortung

Für das, was das Land und die griechische Bevölkerung derzeit durchmachen müssen, trage die politische Elite der letzten Jahrzehnte die volle Verantwortung, so Droutsas. Er fordert daher eine Veränderung des politischen Systems, aber auch des Mediensystems: "Wir vermissen den objektiven Umgang mit den politischen Ereignissen. Das politische System und auch das Mediensystem in Griechenland sind zu eng miteinander verwoben. Daher erfolgt die Berichterstattung nicht immer objektiv und ist meist von politischen Überlegungen gelenkt."

"Nach wie vor Sparpotential"

Die Kritik, dass zu schnell, zu viel von Griechenland verlangt wurde, teilt Droutsas. Er sieht die Krise aber immer noch als Chance, Dinge in Griechenland grundlegend zu ändern. Vor allem bei der öffentlichen Verwaltung gebe es nach wie vor Sparpotential.