Vorwurf der Steuerhinterziehung

Ai Weiwei: Spenden als Systemkritik

In China läuft eine Solidaritätskampagne für den weltberühmten Künstler und Dissidenten Ai Weiwei. Weil die Behörden von ihm eine angebliche Steuerschuld von rund 1,7 Millionen Euro kassieren wollen, spenden jetzt tausende Chinesen Geld. Ai bezeichnet die Steuerforderung als reinen Willkürakt der Behörden. Wenn er bis 16. November nicht zahlt, dann droht ihm jahrelange Haft.

Frühjournal, 07.11.2011

Kuverts über den Gartenzaun

Die Spenden kommen per Post- oder Onlineüberweisung. Immer wieder werfen Sympathisanten Kuverts mit Geldscheinen einfach über die Gartenmauer des Ateliers von Ai Weiwei in Peking. Auf gut 300.000 Euro haben sich die Spenden bisher addiert - ein Akt der Solidarität. Ai Weiwei und seine Mitarbeiter führen über die Spenden genau Buch. Um von den Behörden nicht wegen illegaler Spendenannahme belangt werden zu können, will der Künstler das Geld vollständig zurückzahlen.

Spenden als Statement

Eigentlich braucht er das Geld gar nicht. Ai gilt als wohlhabend, seine Mutter hat ihm außerdem ihr Haus als Pfand für die Steuerschuld angeboten. Und so ist die Spendenaktion vor allem ein politisches Statement. Jede noch so kleine Spende zeige den Behörden die rote Karte, schreibt etwa ein Anhänger Ais in einem Forum im Internet.

"Man will mich brechen"

Vergangene Woche hatten ihn die Behörden zur Zahlung einer angeblichen Steuerschuld von 1,7 Millionen Euro aufgefordert. Man wolle ihn einschüchtern und brechen, sagt Ai Weiwei, der im Frühjahr verhaftet und 81 Tage lang an einem unbekannten Ort ohne Anklage festgehalten wurde. In einem Interview mit dem ORF in Peking beschrieb Ai seine Situation vor wenigen Wochen so: "Sie können mich wieder einfach verschwinden lassen. Sie können mich in eine Situation versetzen, in der ich völlig schutzlos bin. Ohne Anwälte, ohne meine Familie. Die Polizei kann mich jederzeit erneut abholen."

"Eindeutig Steuern hinterzogen"

Die offizielle Version der chinesischen Behörden ist völlig anders. Eine von Ai Weiweis Frau kontrollierte Firma, die Werke des Künstlers vermarktet, habe eindeutig Steuern hinterzogen, heißt es. Es würden lediglich geltende chinesische Gesetze zur Anwendung kommen. Nach eigenen Angaben hat der Künstler aber keine Erklärung zu der ihm vorgeworfenen Steuerschuld erhalten. Wenn er bis Mitte nächster Woche nicht zahle, so Ai Weiwei, dann drohten ihm bis zu sieben Jahre Haft.

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